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Begegnung der ungewohnten Art. Major Palfinger (Florian Teichtmeister) kommt wegen der Fahndung ins Fitnessstudio.

© ZDF und Hubert Mican

Behinderter Kommissar im ZDF-Krimi: Inklusion kennt keine Grenzen

Auch das geht jetzt im Krimi: Der Kommissar sitzt im Rollstuhl. "Die Toten von Salzburg", ein grenzüberschreitender Krimi.

Vielleicht ist auch das Diversity, aus wie vielen Blickwinkeln sich der ZDF-Krimi „Die Toten von Salzburg“ anschauen lässt. Die Barockstadt ist vom Krimifernsehen bisher als Schauplatz übersehen worden, unverzeihlich, wenn Kameramann Kai Longolius am Montagabend dem Publikum die Stadt, ihre verschiedenen Ebenen, Winkel, die unheimliche Nachtstimmung zeigt. Salzburg ist in der Tat sehr telegen und für einen vieleckigen Mordfall der adäquate Tatort.

Dann sind in der Koproduktion von österreichischem Rundfunk ORF und ZDF zwei sehr gegensätzliche Fahnder bei der Arbeit: Kriminalkommissar Hubert Mur (Michael Fitz) aus Traunstein ist hartholzig, cholerisch, er überrennt und überrascht verdächtige und andere Menschen. Er will sich keine Freunde machen, er will Beute machen. Major Peter Palfinger (Florian Teichtmeister) ist das Gegenbild: charmant, von einer gewissen Lässigkeit, Sarkasmus ist ihm nicht fremd. Der Bayer und der Österreicher in ihrer Unterschiedlichkeit sollen Reibung und Humor produzieren.

Der Krimi dreht sich um Grenzen

Auch diese dritte Zuschauerperspektive offeriert sich: der Palfinger-Blickwinkel. Der Polizist ist nach einem Paraglidingabsturz querschnittsgelähmt. Aus dieser Perspektive heraus muss der Täter, noch dazu in Kopfsteinpflastersalzburg, über ganz andere Wege und über ganz andere Hindernissen ermittelt werden. Der Krimi „Die Toten von Salzburg“ dreht sich auch um Grenzen: deutsch-österreichische, behindert/nicht behindert, welcher Kommissartyp ermittelt erfolgreicher?

An der Grenze zu Bayern, am legendenumwobenen Untersberg, wird die Leiche von Walter Holzer gefunden. Als Mörder kommen ein Haufen Leute infrage: die geschädigten Anleger, die Ehefrau, von der sich der Anlageberater scheiden lassen wollte, ein offenbar idealistischer Anwalt sowie ein österreichischer Geschäftspartner, der für den Toten als Strohmann fungierte.

Die Drehbuchautoren Erhard Riedlsperger und Klaus Ortner ummanteln das Geschehen noch mit einem Hauch Staatsaffäre. Holzer war Österreicher, der quasi nach Bayern ins Exil geflüchtet war, möglich, dass die Salzburger Behörden den damaligen Prozess gegen den Millionenbetrüger verschleppt haben. „Eine angemessene Vorgehensweise“, fordert die Frau Landratspräsidentin von Hofrat Anton Seywald (Erwin Steinhauer), dem Vorgesetzten von Peter Palfinger.

Dem Drehbuch fehlt die Entschiedenheit

Das Drehbuch schaut in zu viele Ecken, es fehlt ihm an Entschiedenheit und Konzentration. Auf der Habenseite ist der erste TV-Kommissar im Rollstuhl. Die Szenen von Inklusion und Exklusion sind gut gewählt, hier wird abgebildet, ohne ausgestellt zu werden, es wird persönlich, es wird privat, es wird empathisch.

Sonst aber wird in den 90 Minuten die Feinarbeit zugunsten der Strapaze im Geschehen aufgegeben, vernachlässigt zulasten einer stringenten Linienführung und genaueren Figurenzeichnung. Besonders der Bayer Mur ist ein Bulle Hotzenplotz. Wenn es zu einer Fortsetzung dieses Krimiformates kommt, muss unbedingt vom Holterdipolter, von der Zickzackdramaturgie, von der Scherenschnittqualität des Personals weggekommen werden. Ein Einfall bleibt immer nur ein misslungener Einfall, wenn es keine Einbindung gibt. Regisseur Erhard Riedlsberger inszeniert nicht das Drehbuch, er inszeniert atemlos hinter dem Drehbuch her. Da mag er noch so viel Mörtel anrühren, wie er will, die Lücken in und zwischen den Handlungsteilen bleiben unübersehbar.

Besetzung rettet den Film

Was „Die Toten von Salzburg“ vom Durchschnittlichen ins Positive rettet, das ist die Besetzung. Voran Florian Teichtmeister als Major Palfinger, Michael Fitz als Kriminalhauptkommissar Mur und der Hofrat Seywald des Erwin Steinhauer. Besonders Teichtmeister, wenn er zeigt, wie sein Palfinger gegen die und mit der Behinderung arbeitet, wie er sich zurückträumt, wie er reagiert, wenn die Umwelt mit schier unerträglicher Ernsthaftigkeit auf den Leiter der Abteilung Gewalt- und Blutdelikte im Rollstuhl reagiert. Der Schauspieler versieht seine Figur mit der Qualität, die so vielen Figuren im Salzburgkrimi abgeht: Glaubwürdigkeit.

„Die Toten von Salzburg“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

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