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Medien: „Berichten Sie von hier!“

Die Medienfront steht – und die Reporter sind unter Druck

Von Caroline Fetscher

„Berichten Sie aus Bagdad, berichten Sie von hier, mit Ihren Fernsehsendern, Radiosendern! Sagen Sie den Leuten die Wahrheit!“ Der irakische Informationsminister Mohammed Sajjid el Sahhaf hat die ausländischen Medienvertreter am Donnerstag beschworen, Bagdad nicht zu verlassen. Das „dreckige Regime“ des „feigen Zwergs George W. Bush“ hätte die „Fernseh-Satelliten im Irak blockiert, weil sie Angst haben vor den Nachrichten aus Bagdad. Die Amerikaner wollten keinerlei Informationen über die „wahren Begebenheiten in unserem Land“ an die Öffentlichkeit dringen lassen. Sayaf bat die Journalisten eindringlich, die „Ehre journalistischer Ethik hochzuhalten“. Auch wenn Sayafs Appell sehr merkwürdig klingt für ein diktatorisches Regime, dass die inländischen Medien und auch die internationalen Journalisten seit Jahren einer strengen Zensur unterwirft, so wird eines klar: Beide Seiten, der Irak wie die USA haben den Medienkrieg eröffnet.

Die Amerikaner wollen nicht nur militärisch von vornherein das Heft fest in der Hand haben. Mit Kriegsbeginn läuft eine sorgfältig ausgetüftelte Informationskampagne an. Sie soll – zumal angesichts der massiven internationalen Kritik an diesem US-Waffengang – sicherstellen, dass die Medien aus den „richtigen“ Quellen schöpfen. Oder, wie ein Washingtoner Regierungsbeamter es formuliert: Die Medien sollen in die Lage versetzt werden, „die Wahrheit zu verbreiten“.  Vorgesehen ist, Journalisten praktisch rund um die Uhr und rund um den Globus, aus amerikanischer Hand mit Nachrichten über den Krieg zu füttern.

Experten sprechen von der ausgefeiltesten Kommunikationsstrategie, die jemals einen Krieg begleitet hat. Die USA ziehen damit die Konsequenzen aus dem Afghanistan-Feldzug. Damals liefen die USA anfänglich Gefahr, den „Propagandakrieg“ gegen die Taliban zu verlieren. Regelmäßig berichteten zur morgendlichen US-Nachrichtenzeit Sprecher der Gegenseite über angebliche „Gräueltaten der amerikanischen Aggression“ an Zivilisten – Meldungen, die wegen der Zeitverschiebung lange Zeit unwidersprochen blieben.    Inzwischen gibt es im Weißen Haus als feste Einrichtung das „Office of Global Information“ (Amt für globale Information), das im Umgang mit den Medien die Federführung hat. Pressekonferenzen des US-Zentralkommandos in Katar seien jeweils am Nachmittag (Ortszeit) geplant. Das wäre früh genug für die Mittagnachrichten in den USA. Am Nachmittag soll wiederum das Pentagon informieren und damit auch Fernseh- und Radiosendungen in Europa speisen.

Stationen der „Voice of America“ sollen die US-Botschaften in die Nahost-Region übermitteln. US-Regierungsbeamte sind speziell für Gespräche mit arabischen Journalisten geschult worden. Hochrangige Regierungsvertreter wie Condoleezza Rice halten sich für Interviews bereit.

Die deutschen Teams

Und was machen die deutschen Reporter? Vier deutsche Journalisten halten sich noch in Bagdad auf – ganz im Sinne des irakischen Informationsministeriums. RTL-Reporterin Antonia Rados hat die erste Kriegsnacht im „Hotel Palestine“ außerhalb des Zentrums verbracht, berichtete telefonisch von den Angriffen. Sie kann sich frei bewegen, arbeitete am Donnerstag live vor dem Ministerium. Ein Abzug der Korrespondentin sei auch bei stärkeren Angriffswellen nicht geplant, so ein RTL-Sprecher. „Schlimmstenfalls muss sie einen Bunker aufsuchen.“ Auch das ZDF mit Ulrich Tilgner und die ARD mit „Free Lancer“ Stefan Kloss sowie dpa halten ihre Korrespondenten vor Ort. Für die ARD soll noch Christoph Maria Fröhder dazustoßen. Bereits am Mittwoch fuhr N-24-Reporterin Katrin Sandmann von Bagdad nach Jordanien. „Gegen ihren Willen, auf Wunsch des Senders“, so N-24-Sprecher Thorsten Pütsch.

Wenn der Krieg lange dauern wird, wie es US-Präsident Bush angekündigt hat, stehen die Sender vor einem „Langstreckenlauf in der Berichterstattung“, wie ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender sagte. „Unsere Korrespondenten und die Redaktionen in Mainz müssen mit den Kräften haushalten.“ Auch die Aufmerksamkeit des Publikums könne in Überdruss umschlagen. „Das ZDF-Programm kann sich nicht 24 Stunden lang auf den Irakkrieg konzentrieren.“ Die Berichte müssten gut dosiert und richtig platziert sein – „es muss Steigerungsformen geben“.

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