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Für den Presserat ist es unstrittig, dass in Chemnitz im Herbst 2018 Menschen andere Menschen gejagt hätten.

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Beschwerdebilanz für 2018: Keine "Hetzjagden" in Chemnitz? Doch, sagt der Presserat

Deutlich mehr Beschwerden, deutlich mehr Rügen: Presserat erhielt 2018 zahlreiche Eingaben zu Migration und Rechtsradikalismus

Die politischen Debatten im vergangenen Jahres spiegeln sich auch in der Beschwerdebilanz des deutschen Presserats wider. Das Selbstkontrollorgan erhielt 2018 zahlreiche Eingaben zu den Themen Migration und Rechtsradikalismus, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht hervorgeht. Insgesamt weist die Statistik 2038 eingegangene Beschwerden aus, das sind 250 mehr als 2017. Noch mehr Beschwerden habe es in der Geschichte des Presserats nur 2015 gegeben.

Insgesamt erteilte der Presserat im vergangenen Jahr 28 Rügen (2017: 21). Am häufigsten (13 Rügen) bemängelte das Gremium Verletzungen des Persönlichkeitsschutzes, gefolgt von der Vermischung von Werbung und Redaktion (acht Rügen). Dazu kamen 70 Missbilligungen und 147 Hinweise. 42 Fälle hielt der Beschwerdeausschuss zwar für begründet, verzichtete jedoch auf eine Maßnahme, wenn die betroffenen Redaktionen reagiert und beanstandete Textstellen verändert hatten.

Streitfall Chemnitz

Vielen Beschwerden gemeinsam war ein medienkritischer Unterton, insbesondere bei den Eingaben wegen der Berichterstattung zu den rechtsgerichteten Ausschreitungen im Frühherbst 2018 in Chemnitz. Einige Leser hätten bezweifelt, dass es dort tatsächlich zu „Hetzjagden“ gekommen sei. Der Presserat wies die Beschwerden jedoch als unbegründet ab. „Wir entscheiden nicht über verschiedene Deutungen eines Geschehens – solange die Deutungen auf korrekten Fakten beruhen“, sagte Presserats-Sprecher Volker Stennei. Für das Selbstkontrollorgan ist es unstrittig, dass in Chemnitz Menschen andere Menschen gejagt hätten.
Die Beschwerden zur Nennung der Nationalität von Straftätern und Verdächtigen seien hingegen zurückgegangen, hieß es. Zu der Richtlinie 12.1 im Pressekodex hätten den Presserat 2018 insgesamt 30 Beschwerden erreicht, im Vorjahr hatte es demnach noch 41 Eingaben gegeben. Die Hälfte der Beschwerden in diesem Bereich habe 2018 zu einer Sanktion geführt, im Verhältnis etwa so viele wie in den beiden Vorjahren.

Mehrheit der Beschwerden gegen Internet-Inhalte

Die deutliche Mehrheit aller Beschwerden (65 Prozent) richtete sich gegen im Internet veröffentlichte Artikel. Das führt der Presserat auch darauf zurück, dass es einfacher sei, dem Selbstkontrollorgan einen Link zu mailen statt einen gedruckten Artikel einzuscannen.

Unabhängig vom Verbreitungsweg sind regionale Tageszeitungsverlage laut dem Bericht nach wie vor die häufigsten Beschwerdegegner. Gegen sie richteten sich 653 Beschwerden, gefolgt von Boulevardzeitungen (238 Beschwerden), Publikumszeitschriften (218) und überregionalen Tageszeitungen (191). (mit epd)

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