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Medien: „Billiger Kirmesspaß“

ZDF-Chefredakteur Brender verteidigt Sportchef Poschmann gegen jede Kritik

Herr Brender, Olympia ist vorbei, jetzt wird Bilanz gezogen im ZDF. Gibt es harte Kritik an den Leistungen der ZDFSportredaktion, insbesondere an deren Leiter Wolf-Dieter Poschmann?

Es gibt vor allem Kritik von Seiten der Zeitungen. Die Zuschauer sagen genau das Gegenteil. Sie sind hochzufrieden mit den Leistungen. Eine unabhängige Forsa-Umfrage sagt, 72 Prozent gut, sehr gut. Wolf-Dieter Poschmann hat den Wert 2,1 bekommen. In dieser Skala ist auch das sehr hoch.

Das ZDF spricht von einer „Medienkampagne“ gegen Poschmann.

Ich teile das. Von einer Kampagne werde ich mir keinen Redakteur und keinen Redaktionsleiter wegschießen lassen. In der Addition der Kritik ist es eine Kampagne gegen Wolf-Dieter Poschmann. Es fällt auf: Kritiker bemühen sich nicht mehr zu recherchieren, nachzufragen, das eigene Urteil auf Wahrhaftigkeit zu überprüfen. Da heißt es beispielsweise, ARD und ZDF hätten 1000 Mann in Griechenland stationiert, tatsächlich waren es 500. Der US-Sender NBC produzierte mit dem vierfachen Personalaufwand weniger Sendeminuten als ARD und ZDF. Schläge in die Magengrube öffentlich-rechtlicher Mitarbeiter gehören offenbar zum billigen Kirmesspaß. Denk nicht – hau den Lukas.

Was an diesem Ritual ist falsch? Fernsehkritiker rügen die Leistungen der Kommentatoren und Reporter bei Olympia, das ZDF verweist auf hervorragende Quoten und herausragende Resonanz.

Wenn die Kritiker genauso fair wären, wie sie Fairness von den Reportern verlangen, dann geriete die Kritik sachlicher. Das ZDF gab die Galionsfigur der Olympia-Berichterstattung ab: Eröffnungsfeier, erste Wettkämpfe, erste Niederlagen. Der Überbringer der schlechten Nachrichten war dann der Kritisierte. Natürlich haben wir – bei 1400 Stunden Programm – auch Fehler gemacht. Zu schnell und zu viel geredet, manch unnötige Ringschaltung Wettbewerb - Studio - Wettbewerb, mancher Reporter verstieg sich erst in Heroisierung und verlor sich dann in Enttäuschung. Von diesen Emotionswellen der Reporter und Kommentatoren wurden offensichtlich auch die Kritiker erfasst.

Macht Wolf-Dieter Poschmann nicht zu viel? Er leitet die ZDF-Sportredaktion, er kommentiert auf dem Schirm, er moderiert live und ist Leiter dieser Live-Sendungen.

Wir stehen mitten in unserer internen Kritik. Systematisch werden wir die Leistungen der Redakteure, Moderatoren, Kommentatoren, der Verantwortlichen bewerten. Und im Hinblick auf 2006 unsere Konsequenzen ziehen – programmlich, in Management und beim Personal. Anders als die Landesrundfunkanstalten der ARD können wir die Wettbewerbe aber nicht auf viele Schultern verteilen. Unsere Sportredaktion hat nur 60 Leute.

Werden Sie für die WM 2006 neue Leute einstellen müssen?

Nein, wir müssen nicht. Das Team der ZDF-Sportredaktion hat das anstrengende Sportjahr 2004 mit Engagement und Klasse bewältigt. Trotzdem werden wir aber das Sport-Konzept auf das Jahr 2006 neu ausrichten: Fußball-WM und Winterolympiade in Turin. Der Tanker ZDF ist schon auf Fahrt dahin. Mit schnellen Beibooten.

Ein Wort zum „Sportstudio“: Wem in aller Welt tut das ZDF einen Gefallen mit einer Sportsendung, die am Samstag nach 23 Uhr beginnt?

Das „Sportstudio" hat es sehr viel schwerer, seitdem die ARD die „Sportschau“ wieder sendet. Der typische öffentlich-rechtliche Zuschauer hat dort vor dem Sportstudio den Fußball schon gesehen. Deswegen haben wir die zeitliche Distanz zwischen Sportstudio und Sportschau vergrößert. Das muss aber nicht so bleiben. Wir sind dabei, dem „Sportstudio“ ein neues Gesicht zu geben, das in vielen Gesichtszügen wieder das erfolgreich klassische sein wird.

Kritisches, Nachdenkliches zum Sport könnte mehr sein.

Erstens, die Zuschauer wollen Live-Sport. Zweitens, die typischen Sendungen zu Themen wie Doping etc. sind heute unsere Magazine wie „Frontal 21“ am Dienstag.

Sie scheinen alles geplant zu haben, Herr Brender. Dann wissen Sie auch: Wer kommt 2006 ins Endspiel?

Deutschland.

Wer wird Weltmeister?

Die Deutschen als Gastgeber werden Weltmeister des Charmes.

Das Gespräch führte Joachim Huber.

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