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Keine Chance: Graf Johan von Oxenstierna (Lucas Bryant) möchte Königin Kristina Wasa (Malin Buska) heiraten.

© Arte

Biopic über Kristina von Schweden: Heiraten? Bloß nicht!

Verletzlich, aber auch herrisch und aufbrausend: Arte zeigt Mika Kaurismäkis „The Girl King“ über Kristina von Schweden.

Königin Kristina will Schweden zum „wohlkultiviertesten Land Europas“, Stockholm zum „neuen Athen“ machen. Sie will Schulen, Theater und Bibliotheken bauen lassen und „den ewigen Krieg mit dem römisch-deutschen Reich beenden“. Man schreibt das Jahr 1644, in Mitteleuropa tobt der 30-jährige Krieg, als mit der 18 Jahre jungen Frau eine der schillerndsten Regentinnen der europäischen Geschichte die Bühne betritt. Königin ist sie seit 1632, als ihr Vater Gustav Adolf in der Schlacht von Lützen starb. Mangels männlichen Thronfolgers wird sie „wie ein Prinz erzogen“. Sie trägt Hosen, reitet wie ein Mann und hat eine Abneigung gegen das Verheiratet-Werden.

„Bin ich nur eine Figur in einem Schachspiel?“, schmettert die schwedische Hauptdarstellerin Malin Buska in Mika Kaurismäkis Spielfilm „The Girl King“ einem Freier ins Gesicht und vergießt Tränen des Zorns. Geheiratet hat Kristina tatsächlich nie. Ob sie im Alter von 63 Jahren „als Jungfrau“ starb, wie eine abschließende Einblendung recht offensiv behauptet, ist weniger gesichert.

Die internationale Koproduktion, an der auch die deutsche Filmförderung, Arte und der Bayerische Rundfunk beteiligt waren, ist im Juli 2016 an der Kinokasse fulminant gefloppt. Nun hat „The Girl King“ bei Arte seine TV-Premiere, wobei der Sender auch nicht so recht überzeugt scheint von dessen Qualitäten und ihn erst nach der x-ten Wiederholung von Tim Burtons „Edward mit den Scherenhänden“ ausstrahlt.

Erotisch aufgeladen durch die Liebe zu ihrer Kammerzofe

Das hat „The Girl King“ trotz einiger Schwächen auch wieder nicht verdient. Während viele Historienschinken emanzipierte Frauen dazu erfinden, um Anschluss an die Gegenwart zu finden, fußt dieser Film auf einer realen, faszinierenden Persönlichkeit aus dem Zeitalter des Barock und des erbitterten Machtkampfs zwischen Katholiken und Protestanten. Schon Greta Garbo (1933) und Liv Ullmann (1974) spielten die Kristina, die nach zehn Jahren auf den schwedischen Thron verzichtete, zur Katholikin konvertierte und nach Rom übersiedelte, zeitlebens Kultur und Wissenschaft förderte und nun in den Vatikanischen Grotten begraben liegt.

Der Finne Mika Kaurismäki stellt in seinem höfischen Kammerspiel die Energie und Leidenschaft, auch die Zerrissenheit und Ambivalenz dieser jungen Königin in den Mittelpunkt – erotisch aufgeladen durch die Liebe zu ihrer Kammerzofe, intellektuell befeuert durch die Freundschaft mit dem Philosophen René Descartes, väterlich gefördert von Kanzler Oxenstierna. Ob ihre Bedeutung als „Friedensbringerin“ am Ende des 30-jährigen Kriegs wirklich so groß war, wie im Film suggeriert wird, ist zweifelhaft. Malin Buska idealisiert diese Figur nicht übermäßig, spielt die Königin verletzlich, aber auch herrisch und aufbrausend.

Neben der nicht optimalen Synchronisation leidet „The Girl King“ eher darunter, dass viele Neben-Figuren wie eine plakative Staffage wirken. Martina Gedeck spielt die verhasste Mutter Maria Eleonora von Brandenburg mit schriller Übertreibung, Peter Lohmeyer den Bischof von Stockholm als religiösen Eiferer.

„The Girl King“ Montag, Arte, 21 Uhr 55

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