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Medien: Blatter sagt „Fussball“

Und das ZDF spricht ihm nach. Beim Sport sind die TV-Sender weich in den Knien

Es ist viel Geld im Spiel, da kommt es auf jeden Buchstaben an. Der Weltfußballverband Fifa, deren Zentrale in der Schweiz ansässig ist, hat auch in der Rechtschreibung ganz genaue Vorstellungen: „FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2006 ™“ lautet der geschützte Titel des am 9. Juni beginnenden Turniers. Wer diesen Titel in Deutschland jedoch in seiner Berichterstattung verwendet, kann schon mal Schwierigkeiten mit seinen Zuschauern bekommen. Die Fifa-Schreibweise sei gegenüber den Beschlüssen der Kultusminister nachrangig, teilte ein empörter Zuschauer dem ZDF mit, verlangte Gebührenrückerstattung und drohte mit Sanktionen bis hin zur Beugehaft für Intendant Markus Schächter.

So weit ist es denn doch nicht gekommen. Vielleicht weil das ZDF sich tapfer der eidgenössischen Schreibweise verweigert, die kein „scharfes S“ kennt. Ansonsten lässt Fifa-Chef Joseph Blatter den Sendern ungern etwas durchgehen. „Exzessive Züge“ hätten die Fifa-Vorgaben getragen, erklärte ZDF-Sportrechtebeauftragter Michael Amsinck beim Medienforum NRW gestern in Köln. Sogar beim Titel einzelner Sendungen wollten Blatters Leute mitbestimmen. „An dieser Stelle werden wir uns immer zur Wehr setzen“, sagte Amsinck. „Sonst würde der Eindruck erweckt, wir seien der offizielle Fifa-Sender.“

Gerade im Sport ist das Fernsehen in eine bedenkliche Grauzone geraten. Über globale Ereignisse wie die Fußball-WM kann nur noch exklusiv berichtet werden. Dafür müssen ARD, ZDF und RTL die insgesamt rund 250 Millionen Euro teuren Rechte über Werbung, Sponsoring und Gewinnspiele wenigstens teilweise wieder hereinholen. Entsprechende Programmflächen müssen also zur Verfügung gestellt werden. Auf die Inhalte der Berichterstattung habe das jedoch keinen Einfluss, sagte Amsinck. Auch kritische Berichte über Herrn Blatter seien weiter möglich, „vielleicht nicht unbedingt fünf Minuten vor Spielbeginn“. Wichtig sei, dass die Sender die Herren über die Bildauswahl und über die Sprache blieben.

Es ist viel Geld im Spiel, auch bei der Vermarktung. 750 Millionen Euro haben die Hauptsponsoren der WM gezahlt. Für deren Exklusivrechte legt sich die Fifa mächtig ins Zeug. Ähnlich strenge Regeln bei der Verwendung von Namen, Titeln und Logos stellt auch das IOC bei Olympischen Spielen auf. „Fifa und IOC setzen Maßstäbe“, erklärte Eurosport-Geschäftsführer Jacques Raynaud. Andere Sportverbände und Veranstalter wie zum Beispiel im Tennis würden dies nun ebenfalls versuchen. Dann doch lieber die Sportereignisse gleich selbst organisieren und vermarkten: Über die Tochterfirma KSO tritt Eurosport als Veranstalter etwa von Motorsportereignissen auf, über die der Sender selbst berichtet.

Gerne möchten Privatsender auch in einem anderen Graubereich mitmischen: bei den Sportwetten. Über ein gemeinsames Portal mit dem österreichischen Wettanbieter Starbet hat RTL bereits einen Fuß in der Tür. Doch sollten die Bundesländer am 22. Juni nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs ein restriktives Vorgehen gegen private Wettanbieter in Deutschland befürworten, werden wohl nur ausländische Firmen die Einsätze der Wetter abschöpfen – über das Internet. Und nebenbei fürchtet Constantin Lange von RTL interactive, dass die „höheren Millionenbeträge“ ausfallen, die Wettfirmen an Werbung investieren.

Auch die ARD, die jahrelang als Sponsor des Team Telekom bei der Tour de France auftrat, kann ein Lied von den Verlockungen des Sportgeschäfts singen. Aber im Fußball spielt der öffentlich-rechtliche Sender zurzeit die Rolle des lachenden Dritten. Als eine „riesige Kampagne für die Sportschau“ bezeichnete Manfred Loppe, als RTL-Sportchef gewissermaßen neutraler Beobachter, den Konkurrenzkampf von Arena und Premiere. Gestern saßen Vertreter beider Pay-TV-Sender, die ab der kommenden Saison Live-Bilder von der Bundesliga anbieten dürfen, erstmals gemeinsam auf einem Podium. Neue Erkenntnisse hat das nicht gebracht: Dejan Jocic von Arena mochte weder aktuelle Abonnentenzahlen nennen noch einen Zeitpunkt, wann endlich eine Vereinbarung mit allen Kabelnetzbetreibern in Deutschland zustande gekommen sein wird. Und Georg Kofler von Premiere, das die Bundesliga über Internet-Protokoll (IPTV) beim Telekom-Portal T-Home anbieten will, stellt weiterhin eine Verbreitung über Kabel und Satellit in Aussicht. Die Lage bleibt verworren.

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