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Bloggerkolumne: Mir reicht es. Ich mach' Schluss

Unser Autor beendet zum Jahresanfang eine sechsjährige Beziehung. Er macht Schluss mit Facebook.

Zum Jahresanfang habe ich mich von einer fast sechs Jahre gehenden Beziehung getrennt. Nun muss sie ohne mich auskommen. Die Geschichte keiner Liebesbeziehung.

Als wir uns kennenlernten, war ich froh, dass ich an der FU studiert hatte. Sie kannte diese Universität, wenn auch eher vom Hörensagen. Ich hatte dort noch eine E-Mail-Adresse. Und diese benutzten wir fortan, um in Kontakt zu bleiben, wenn wir uns nicht sahen. Am Anfang fand ich sie spannend. Sie war neu, anders, frisch. Man kam nicht so einfach an sie heran, sie versprühte einen exklusiven Charme: Wer mit ihr zu tun hatte, musste etwas Besonderes sein. Sie war noch nicht so bekannt wie heute, wo sie ein Star ist (und sehr darauf erpicht, bei jeder Gelegenheit Geld zu verdienen). Sie hatte einen eigenwilligen Charakter, war überaus selbstbewusst, doch wirkte sie nicht so überheblich wie heute. Ob sie schön war? Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall hat sie heute ein paar Schönheitskuren hinter sich. Es passierte immer, wenn sie glaubte, dass es nötig war. Und fast immer war es ein Zeichen dafür, dass sich auch ihr Wesen veränderte.

Ihr Freundeskreis wurde im Laufe der Zeit immer größer. Sie kennt wohl alle, dachte ich zeitweise. Oder sie tut zumindest so. Sonderlich wählerisch war sie nie, das Einzige, worauf sie wirklich allergisch reagierte: Flunkereien, wenn es um Geburtstage oder Namen ging. Da war sie eigen, da war schnell Schluss mit Freundschaft.

Es gab schöne Momente mit ihr, in denen ich mich an ihren guten Seiten erfreuen konnte. Und es gab die weniger schönen, wenn sie herumzickte, manchmal einfach wegblieb. Und diese Momente, in denen ich am Sinn unserer Beziehung zweifelte, wenn ihre „Freunde“ mir wieder einmal zeigten, was für seltsame Seiten Menschen doch haben können und auch noch glauben, diese ausleben zu müssen. Sie mochte Menschen, oberflächlich zumindest. Sie war neugierig, immer wild darauf, ihre Nase in Dinge zu stecken, die sie nichts angingen.

So ist das nun einmal, wenn Business und Privates kaum zu trennen sind, dachte ich. Und das war bei ihr nie möglich. Nicht jeder, den sie als Freund bezeichnet, ist auch meiner Meinung nach ein freundlicher Mensch. Doch viele von ihnen waren wunderbare Leute. Manche einfach nur Quatschlieschen. Und wieder andere klebten wie Kletten an ihr fest, ließen sie fast nie in Ruhe, sobald sie irgendwie erreichbar war.

Früher schaute ich mehrfach täglich in das Postfach, zuletzt nur noch sporadisch. Sie schrieb mir zwar immerfort, doch was sie mir zu erzählen hatte, interessierte mich immer weniger. Hat sie sich verändert? Oder ich? Ich weiß es nicht genau. Wahrscheinlich wir beide. Im Dezember habe ich endgültig beschlossen, sie zu verlassen. Ich sagte ihr, sie solle mir alle meine Sachen geben. Sie schickte mir eine E-Mail, als sie bereitstanden. Ich packte alles ein und verließ sie: die Plattform Facebook.

Falk Steiner

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