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Jan Böhmermann schmäht den türkischen Präsidenten Erdogan. Das ZDF löschte den Beitrag aus der Mediathek.

© Tsp

Update

Böhmermann-Gedicht auf Erdogan: ZDF-Programmdirektor: "Es gibt Grenzen der Satire"

Das ZDF löscht Jan Böhmermanns "Schmähkritik" auf den türkischen Staatspräsidenten. Böhmermann hat gezeigt, wo die Grenzen der Satire in Deutschland liegen - und das am 1. April. Ein Kommentar.

Böhmermann ist nicht gescheitert. Die Reaktionen des Nichtpublikums, bestehend aus Verständnislosigkeit, Empörung und vor allem ganz viel Begriffsstutzigkeit, sind Teil der Satire-Performance.

schreibt NutzerIn mogberlin

Böhmermann weiß, dass Schmähkritik keine Meinungsäußerung ist, die von der Meinungs-, der Kunst- oder der Pressefreiheit gedeckt ist. [...] Es muss doch möglich sein, Erdogans mangelndes Rechtsstaatsverständnis auf sachlicher Ebene satirisch zu kritisieren.

schreibt NutzerIn mk3

Heute abend um Mitternacht zeigt das ZDF das "Neo Magazin Royale". Es ist eine Wiederholung der Ausgabe von Donnerstag. In der Wiederholung wird eine Passage fehlen. Die Passage, in der Moderator Jan Böhmermann den türkischen Präsidenten Recap Tayyip Erdogan einer Schmähkritik unterzieht. Das ZDF hat diese aus der Sendung genommen und aus der Mediathek. Bei Youtube ist sie nicht zu finden, Teile davon gibt es noch bei bild.de.

Das ZDF hat sein Vorgehen auf seinem Twitter-Kanal damit begründet, dass die Parodie über Erdogan "nicht den Ansprüchen entspricht, die das ZDF an die Qualität von Satiresendungen stellt". Der ZDF-Programmdirektor sagte: "Wir sind bekannt dafür, dass wir bei unseren Satire-Formaten breite Schultern haben und den Protagonisten große Freiräume geben. Aber es gibt auch Grenzen der Ironie und der Satire. In diesem Fall wurden sie klar überschritten", so Dr. Norbert Himmler. Man habe in Absprache mit Jan Böhmermann beschlossen, die Passage aus der Sendung herauszunehmen. Das betreffe das Sendungsvideo in der Mediathek, Clips auf Youtube sowie Wiederholungen.

Jan Böhmermann schrieb auf Facebook: "Ich denke, wir haben heute am 1. April 2016 gemeinsam mit dem ZDF eindrucksvoll gezeigt, wo die Grenzen der Satire bei uns in Deutschland sind. Endlich! Sollte ich bei der gebührenfinanzierten Erfüllung meines pädagogischen Auftrags die Gefühle eines lupenreinen Demokraten verletzt haben, bitte ich ergebenst um Verzeihung." Eine Sprecherin der ZDF-Presseabteilung versicherte dem Tagesspiegel, dass es sich nicht um einen Aprilscherz handele.

Eine einzige Pöbelei

Böhmermanns gelöschtes Gedicht heißt "Schmähkritik", tatsächlich ist es eine einzige Pöbelei. Zitate daraus: Erdogan "mag Ziegen ficken", "Fellatio mit hundert Schafen", "Präsident mit kleinem Schwanz", "Sein Kopf ist so leer wie seine Eier" - und so geht es hin und so geht es fort, ordinär und dumpf.

Im Anschluss an das "Gedicht" geben Böhmermann und Ralf Kabelka Tipps, wie Erdogan gegen eine solche Schmähkritik vorgehen kann, also Anwalt nehmen, vor Gericht gehen, dann könne solch eine Schmähkritik aus der Mediathek entfernt werden. Böhmermann also wollte den Unterschied zwischen Satire, die in Deutschland erlaubt ist, und einer Schmähkritik, die hierzulande verboten ist, erklären. Also schmähte er los, das ZDF reagierte, noch ehe der türkische Staatspräsident den deutschen Botschafter in Ankara einbestellen konnte. Auf Twitter wurde dem ZDF allerdings vorgeworfen, vor Erdogan einzuknicken.

"Neo Royale Magazin" hatte vielleicht die Absicht, das Witzfilmchen in der NDR-Sendung "extra 3" zu übertreffen. Wo kämen wir hin, wenn die NDR-Typen lustiger, satirischer und erfolgreicher als die Böhmermann-Bengels wären? Dafür griff Jan B. ins Klo - und blieb stecken. Seine Satire ist keine, Erdogan, ausgerechnet, hätte allen Grund, beleidigt zu sein. Weil die Satire nicht schlecht, sondern gar keine ist.

Der Satiriker wollte zeigen, was Satire nicht ist - nämlich genau das, was er da getan hat. Schon das sagt der Titel des Ganzen: Eine Schmähung. Diese ist vom Bundesverfassungsgericht 1990 als herabsetzende Äußerung charakterisiert, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Eine solche Schmähkritik stünde dann nicht mehr unter dem Schutz der Meinungsfreiheit. "Was Satire auf keinen Fall darf, hier nochmal zum Nachschlagen:", schreibt das "Neo Magazin Royale" auf Twitter.

Bereits vor, nach und während des Gedichts hatte Böhmermann betont, dass dies etwas sei, "das man eigentlich nicht mache". Obwohl das Video aus den ZDF-Kanälen gelöscht wurde, kann man es immer noch im Internet finden. "Wenn das öffentlich aufgeführt wird - das darf man nicht machen", sagt Jan Böhmermann, bevor er seine "Schmähkritik" aufführt. "Sowas kann gelöscht werden, hinterher", sagt er dann noch. Und genau so kam es dann ja auch. Sein Partner Jan Kabelka fügte sogar noch hinzu: "Unter Umständen nimmt man's aus der Mediathek."

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