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Interview mit der KI: „heute-journal“-Moderator Christian Sievers unterhält sich mit Avatar Jenny, die Antworten von ChatGPT wiedergibt.

© ZDF, Screenshot: Tsp

ChatGPT-Interview im „heute-journal“: „Die Welt zu einem besseren Ort machen“

Im Gespräch mit Christian Sievers gibt sich ChatGPT-Avatar Jenny diplomatischer als so mancher Außenpolitiker. Über ein Interview der besonderen Art.

Mit dem Turing-Test, benannt nach dem Informatiker und Enigma-Code-Knacker Alan Turing, kann man feststellen, ob ein Computer ein dem Menschen gleichwertiges Denkvermögen hat. Oder einfacher gesagt: ob man sich mit einem Menschen oder einer Maschine unterhält.

Der weibliche Avatar Jenny, der im „heute-journal“ am Sonntagabend mit Hilfe des Computerprogramms ChatGPT die Fragen von Moderator Christian Sievers zu 30 Jahren World Wide Web und der Bedeutung der Künstlichen Intelligenz beantwortete, wäre bei diesem Test gnadenlos durchgefallen.

Allerdings nicht wegen des Inhalts der Antworten, die hat die ChatGPT-Firma Open AI dem ZDF schriftlich gegeben. Jenny hat ihnen nur Stimme und Gesicht geliehen.

Allerdings klang das unverkennbar nach synthetischer Sprachausgabe und auch die Mimik kam hölzerner daher als technisch nötig gewesen wäre. Jede halbwegs aktuelle Auto-Navigation spricht flüssiger, und Deep-Fake-Videos wie beispielsweise von Wladimir Putin oder Olaf Scholz zeigen eindrucksvoll, wozu KI-gestützte Technik heutzutage in der Lage ist.

Das ZDF wollte aber offenbar die Zuschauer weder verschrecken noch hinter die Fichte führen. Sonst wäre Jenny zumindest in der Lage gewesen, den Begriff KI mit zwei Buchstaben auszusprechen, statt einfach „Ki“ zu sagen. Und auch der verpixelte Mund und die erkennbar künstlich generierte Zahnpartie bekommt jede japanische Anime-Serie besser hin. „Guten Abend, Künstliche Intelligenz, ich nenne Sie einfach mal Jenny“, hatte Sievers das Gespräch eröffnet – und es damit von vornherein in einer eher harmlose Richtung gesteuert.

„Menschliche Überwachung und Aufsicht einbeziehen“

„Als künstliche Intelligenz habe ich keine Emotionen oder Gefühle“, sagte Jenny zum Beispiel auf die Frage, was die Sorgen vor der neuen Technik mit ihr machen. „Es beeinflusst mich nicht persönlich, wenn Menschen Angst vor mir haben oder mich als Berühmtheit betrachten“. Sie sei entwickelt worden, um denjenigen zu helfen, die ihre Unterstützung benötigen. Das war diplomatischer als derzeit viele Außenpolitiker agieren.

„Es ist wichtig, dass wir sicherstellen, dass sie (die KI-Systeme, Anmerk.d.Red) auf verantwortungsvolle und ethische Weise eingesetzt werden. Dies kann durch die Implementierung von Standards und Richtlinien über die Entwicklung und den Einsatz von KI-Systemen sowie durch die Einbeziehung von menschlicher Überwachung und Aufsicht erfolgen.“  

Und wie reagiert Christian Sievers auf diesen Technologie-Wolf im Datenschützer-Schafspelz? Der „heute-journal“-Moderator findet es zwar interessant, wie der Chat-GPT-Avatar Jenny selbst vor möglichen Gefahren warnt, doch näher geht er darauf nicht ein. Sondern wechselt zum nächsten Thema: 30 Jahre World Wide Web. „Mehr Fluch oder Segen?“, wollte er wissen.

„Ich kann sagen, dass das World Wide Web eine der bedeutendsten Entwicklungen in der Geschichte der Menschheit war“, antwortet Jenny – und kommt mit der Vergangenheitsform der Sache damit möglicherweise näher als beabsichtigt.

Denn inzwischen ist es doch vor allem die Frage, welcher Fluch und welcher Segen in der anscheinend unaufhaltsamen Verbreitung von KI-Systemen steckt. „Es gibt immense Vorteile, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen“, beendet Jenny das Gespräch. Man darf gespannt sein, wann der erste KI-Avatar in „heute-journal“ oder „Tagesthemen“ den Nachrichtenblock oder die Sportergebnisse vorträgt.

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