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Medien: „Da wird Schindluder getrieben“

Beim Spiegel-Verlag formiert sich der Widerstand gegen ein Bieten um Kirch-Media

Sie vertreten beim Spiegel-Verlag die Mitarbeiter KG. Bei jedem Versuch des Verlags, durch Investitionen zu wachsen, mosern die Mitarbeiter aus Angst, dass am Ende des Jahres die Gewinnausschüttung kleiner ausfällt. Ist das der Grund, wieso Sie nicht wollen, dass der Spiegel-Verlag für Kirch-Media mitbietet?

Wir sind weder Querulanten noch Bremser. Wir sind alle der Meinung, dass sich gerade in so einer schwierigen Situation auf dem Printmarkt ein Unternehmen wie der Spiegel-Verlag nach neuen Märkten umsehen muss. Die Verantwortung, Zukunft und Arbeitsplätze zu sichern, nehmen wir wahr.

Was haben Sie gegen das Bieterkonsortium?

Es ist größenwahnsinnig und vorschnell, wenn man jetzt irgendwelche Entscheidungen treffen will, ohne die Details zu kennen. Die Details kennt niemand, weder unser Chefredakteur, obwohl er immer behauptet, sich beim Fernsehen gut auszukennen, noch unsere Geschäftsführung. Soweit es darum geht, Kontakte zu knüpfen und sich zu informieren, welche geschäftlichen Voraussetzungen für ein solches Zusammengehen und für eine Beteiligung vorliegen, haben sie unsere Zustimmung. Die haben sie auch vorher eingeholt, das ist in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, wenn hier Bindungen eingegangen werden, sei es mit anderen Partnern in Form eines Konsortiums oder wenn gar, was man befürchten muss, hier vorschnelle Optionen oder Zusagen über eine Beteiligung an den Unternehmen ausgesprochen werden.

Stören Sie sich an den Partnern Springer und Bauer?

Bei beiden ist Vorsicht geboten. Hier geht es um eine journalistische Zusammenarbeit. Was wäre, wenn gemeinsam ein Nachrichtensender veranstaltet würde? Man muss sich klar sein, welche weitreichenden Konsequenzen das für die Tradition und die Linie des Verlags haben könnte. Es ist die politische Grundhaltung des „Spiegel“, aufgeklärte und unvoreingenommene, bürgerrechtsorientierte Publizistik zu betreiben, investigativ und ohne Rücksicht auf befreundete politische Gruppierungen. Das sind Maximen, auf die man sich mit den beiden anderen beteiligten Unternehmen dann erstmal verständigen müsste. Da entstehen große Risiken – mit dem n „Spiegel“ wird ja jetzt schon Schindluder getrieben.

Könnte sich der Spiegel-Verlag die Beteiligung überhaupt leisten?

Hier geht es um die Konkursmasse des größten Wirtschaftsbankrotts in der Geschichte der Bundesrepublik, und den sollen wir uns als mittelständisches Unternehmen ans Hemd kleben? Bei uns ist von Sparmaßnahmen die Rede, wir müssen bei Dienstreisen zweimal um Erlaubnis fragen, tun alles, um den Verlag nicht in Gefahr zu bringen. Selbst betriebsbedingte Kündigungen hat die Geschäftsführung nicht ausgeschlossen.

Woher will der Verlag das Geld für die Beteiligung an der Kirch-Media nehmen?

Das ist mir rätselhaft. Es ist bekannt, dass wir keinerlei Reserven haben – keine Immobilien, keine Druckereien; wir sind ein Unternehmen, das nur von diesem berühmten Ding mit dem roten Rand drum lebt. Das ist unser ganzes Kapital.

Wer initiierte Ihrer Ansicht nach das Vorhaben?

Der Geschäftsführer des Spiegel-Verlags, Karl Dietrich Seikel, und der Mit-Geschäftsführer bei Spiegel-TV, Stefan Aust, der zugleich unser Chefredakteur ist. Er ist auch einer der Protagonisten von XXP, mit dem der Spiegel versucht, bundesweit in die Kabel zu kommen. Das ist ein kleines Projekt mit Augenmaß, bei dem Stefan Aust Erfahrung sammeln kann. Aber dieses Augenmaß vermissen wir bei dem Kirch-Media-Projekt völlig.

Was kann die Mitarbeiter-KG tun, um das Vorhaben noch zu verhindern ?

Dass wir es verhindern wollen, das ist ein Schritt zu früh. Wir haben den Eindruck, dass wir zu schlecht informiert sind, um überhaupt eine Entscheidung zu treffen. Ein solches Unternehmen kann nur im Konsens aller Gesellschafter stattfinden.

Heute sind sowohl Aust als auch Seikel in München. Wie schnell muss eine Entscheidung getroffen werden ?

Vereinbart ist mit uns, und wohl auch mit Gruner + Jahr, dass beide in München die Bücher der Kirch-Media einsehen. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass man sowas in wenigen Tagen machen kann. Die Erfahrung lehrt, dass es nie gut ist, sich bei so weit reichenden Entscheidungen unter Zeitdruck setzen zu lassen. Wir als Gesellschafter werden keinerlei Zeitdruck akzeptieren, dazu ist die Sache viel zu heikel.

In welcher Form formiert sich der Widerstand im Spiegel-Verlag?

Ein Großteil der stillen Gesellschafter in der Redaktion betrachtet die Aktivitäten des Spiegel-Verlags da mit großer Distanz und der Sorge, dass da vorschnelle Entscheidungen getroffen werden. Und es gibt eine natürliche Distanz gegenüber den Verlagsunternehmen Bauer und Springer. Auch, dass man sich mit einer Bank gemein macht, ist nicht gerade „spiegelig“.

Das Gespräch führte Ulrike Simon.

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