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Schon eine halbe Ewigkeit moderiert Michael Steinbrecher das "Aktuelle Sportstudio" beim ZDF. Damit ist bald Schluss.

© dpa

Das "Aktuelle Sportstudio" im ZDF: Moderator Michael Steinbrecher hört auf

Michael Steinbrecher macht nicht mehr mit. Nach 320 Sendungen verlässt der Moderator das „Aktuelle Sportstudio“ im ZDF. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe.

Solche Sätze werden oft, vielleicht zu oft gesagt. „Man soll gehen, so lange es noch schön ist.“ Sagt Michael Steinbrecher und geht. Der Journalist ist 47, erst 47, aber er hat das „Aktuelle Sportstudio“, seit einem halben Jahrhundert im Zweiten, mehr als 21 Jahre und 320 Ausgaben lang moderiert. Das ist eine bemerkenswerte Strecke, übertroffen nur noch von Dieter Kürten (375 Sendungen). Den Entschluss zum Ausstieg hat Steinbrecher vor einigen Monaten getroffen. „Vor gut 20 Jahren hat Dieter Kürten mich zum ZDF-Sport geholt. Ein Jahr später habe ich die Jubiläumssendung zu ,30 Jahre Sportstudio’ moderiert. Damals war Dieter mein Gast.“

Als Steinbrecher Anfang des Jahres erfahren hat, dass Kürten für die 50-Jahre-Jubiläumssendung zugesagt hat, ist ihm klar geworden, „dass die Sendung am 10. August eine schöne Abrundung wäre.“ Ende August wird er sich dann endgültig vom „Sportstudio“ verabschieden. Bei der Fußball-WM 2014 wird Steinbrecher noch einmal für das ZDF die Moderation im Quartier der deutschen Elf übernehmen. Moderator am Samstagabend im ZDF, das ist ein prominenter und gut dotierter Job, und keiner hat Steinbrecher aufgefordert, aus dem „Sportstudio“ zu verschwinden. Er geht freiwillig, nach mehr als 20 Jahren ist eine Sättigung da, wird die Herausforderung kleiner, schwindet der Reiz.

Was Steinbrecher mit seinem Satz „so lange es noch schön ist“ insinuiert, das führt er im „FAZ“-Interview genauer aus. Die Rahmenbedingungen für die einst diskussionsfreudigste Sendung über Sport haben sich geändert. Die Startzeit des "Studios“ ist vom Sender bis gegen 23 Uhr verschoben worden. Dann hat sich das ZDF, weil es sich das Recht auf die ersten Free-TV-Bilder vom Abendspiel der Fußball-Bundesliga gekauft hat, zugleich in die Vermarktungsstrategie der Liga eingefügt. Von dieser Partie wie auch vom gesamten Spieltag muss in einer bestimmten Länge berichtet werden. Für Steinbrecher „bedeutet das, dass die Flexibilität für einen zweiten Gast, für eine andere Sportart, für eine große Diskussionssendung enger geworden ist.“

Zu selten Schweißperlen auf der Stirn

Was er nicht sagt, ihn dennoch auch betrifft: Die Zeit, die für Gespräch/Diskussion/Kontroverse noch da ist, die wird nicht genutzt. Das trifft eine Katrin Müller-Hohenstein in weitaus größerem Maßstab, die Moderatoren des „Sportstudios“ sind zu mehr oder minder freundlichen Wegbegleitern, in mancher Sendung zu Claqueuren des Profifußballs geworden. Den Gästen traten selten Schweißperlen auf der Stirn. Die Liga will attraktiv, erfolgreich und kommerziell erfolgreich sein, das ist sie, das ist sie auch wegen des „Sportstudios“. Steinbrecher sagt: „Der Wunsch nach Gefälligkeit geht nicht von den Journalisten aus, sondern von einem System, das PR-Journalismus erwartet. Da dürfen wir nicht mitmachen.“ Steinbrecher macht nicht mehr mit. Das „Sportstudio“ sei größer als seine Moderatoren, sagt er.

Wie recht der Journalist mit dieser ehrlichen Einschätzung hat, beweist sich umgekehrt in der Beobachtung, dass sich Steinbrecher nie größer als das Format gemacht hat. Die (PR-)Entwicklung, die das „Studio“ bei der Fußball-Berichterstattung genommen hat, die hat der aufmerksame Steinbrecher nicht aufgehalten, nicht konterkariert. Dieter Kürten erreichte seine sehr menschenfreundlichen Ziele über Empathie, Harry Valérien und Hanns-Joachim Friedrichs formulierten Anteilnahme und kritische Stellungnahme über Kompetenz und Autorität. Michael Steinbrecher hatte seinen Anteil an großen Doping-Diskussionen wie mit Tyler Hamilton über Lance Armstrong, es gab Kontroversen mit Lattek, Hoeneß, Daum, aber was er da hatte, was es da gab, war das genug, hätte er nicht öfter hart und härter nachfragen müssen.

Und, verdammt wichtig, was wird kommen, nach Steinbrecher? Selten genug für einen prominenten Fernsehjournalisten hat Michael Steinbrecher einen zweiten Berufsweg für sich gefunden. Er ist seit 2009 Professor für „Fernseh- und Crossmedialen Journalismus“ am Institut für Journalistik der TU Dortmund. Dort hatte er in den 1980er Jahren studiert und in Seminaren seine Kommilitonen mit spontan verfassten Versen unterhalten. Seine Professorentätigkeit übt er mittlerweile hauptberuflich aus. In einem Medienlabor der Uni entwickle er mit Kollegen und Studierenden neue Formate, Darstellungsformen und Arbeitsweisen, sagt Steinbrecher. Dieses „Dortmunder Modell“ stehe für die Integration von Theorie und Praxis, die er „natürlich auch weiter leben“ wolle. Vielleicht auch eine Sportsendung, die im Gewand eines „Sportstudios“ den legendären „Sportspiegel“ revitalisiert? Der Satz ist verbürgt: Die Kritiker der Elche waren früher selber welche. „Das aktuelle Sportstudio“, 22 Uhr 45, ZDF

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