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Medien: Das Experiment

Das ZDF plant den ersten live gespielten Fernsehfilm

In einem Hochhaus am Bahnhof Zoo, im achten Stock, steht eine Sofaecke, darauf sitzt Martina Gedeck in einer rot-weißen Bluse und starrt ins Leere. Diese Bluse wird sie bis Ende Oktober täglich tragen. Seit zwei Wochen laufen die Proben am Drehort, Proben für einen ZDF- Film, der dann am 25. Oktober abgedreht wird. In genau 90 Minuten. Live.

„Feuer in der Nacht“ wird der erste „Live-Movie“ im deutschen Fernsehen sein. Angelehnt an die Fernsehspiele aus den 50er-Jahren, wird der Film an jenem Montag live im Fernsehen gezeigt – eine Geschichte, die an verschiedenen Drehorten in Berlin in Echtzeit erzählt wird.

Die ehrenamtliche Telefonseelsorgerin Milena hat einen ruhigen Abend und arbeitet ihren neuen Kollegen ein. Bis ein Mädchens anruft, das Angst vor ihrem Vater hat. Der Polizist hat einen unschuldigen Mann erschossen und droht nun, sich und seine Familie umzubringen, weil ihn seine Frau verlassen will. Der junge Assistent aus der Telefonseelsorge versucht, die Familie zu finden, und ein Wettlauf um die Zeit durch die Straßen Berlins beginnt.

Ein Wettlauf, der am 25. Oktober zur Primetime um 20 Uhr 15 im ZDF laufen wird. So ein Live-Movie sei für alle Beteiligten eine „komplett neue Erfahrung“, sagt der beteiligte UFA-Produzent Norbert Sauer. Daher komme auch die große Dynamik am Set. Während üblicherweise 20 Drehtage für einen ZDF-Film zur Verfügung stehen, sind hier 90 Minuten Zeit. Ganz neu ist die Idee dabei nicht: In den USA lief bereits der Live-Film „Fail Safe“, ein Drama mit George Clooney, das im Kalten Krieg spielt. Der Film wirke aber trotz Livecharakter „sehr nach Studio“, sagt Regisseur Kai Wessel. Er will seine Geschichte „mutiger und lebendiger“ erzählen. Der Reiz für die Beteiligten sei das „Unmittelbare“ und die begrenzte Kontrolle, vor allem bei Außenaufnahmen: „Wenn es regnet, dann regnet es eben.“

Elf mobile Kameras werden im Einsatz sein, die Technik ist sehr aufwändig, ein Team von 50 Menschen ist beteiligt. Dafür fällt aber jede Nachbearbeitung weg. „Das wird nicht teurer werden als ein normaler Film“, sagt Producer Dirk Eggers.

Für die Schauspieler sei so ein Live-Movie besonders spannend, ein bisschen wie Theater, meint Schauspieler August Diehl. Eine Rolle werde chronologisch durchgespielt. Die Bühne sind dabei aber authentische Schauplätze: „Man kriegt kein Feedback vom Publikum, obwohl Millionen live dabei sind.“

Bereits jetzt herrscht Nervosität am Set. Ende Oktober muss alles klappen. Das ist zum einen auch der Reiz für den Zuschauer. Ob sich die Schauspieler verhaspeln oder das Auto im Stau stecken bleibt? Der Zuschauer soll nah an der Geschichte dran sein, so als ob das Drama auch beim eigenen Nachbarn passieren könnte. Für ihn soll weniger die Technik im Vordergrund stehen. Ob diese besondere Spannung aber auch beim Zuschauer ankommt, ist fraglich. Aber das ZDF zeigt sich mit „Feuer in der Nacht“ experimentierfreudig. Bis dahin stehen weitere vier Wochen Proben an – bis alles perfekt läuft. Denn am 25. Oktober, um Punkt 20 Uhr 15, schaltet das ZDF nach Berlin.

Stefan Schweiger

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