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Das RBB-Fernsehen im Fokus: Stadt, Land – alles im Fluss

RBB-Intendantin Patricia Schlesinger ist fast 100 Tage im Amt. Jetzt soll eine Programmreform das RBB-Fernsehen aufpeppen. Was ist der Plan?

Der Donnerstag ist für das RBB-Fernsehen und für Patricia Schlesinger, seit fast 100 Tagen Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), ein besonders wichtiger Tag. Im RBB-Rundfunkrat, dem 30-köpfigen Kontrollgremium des öffentlich-rechtlichen Senders, kommt Schlesingers erster Arbeitsnachweis bei dem Zweiländersender zur Sprache: die Neuerungen im RBB-Fernsehen, die in der vergangenen Woche verkündet wurden. Dafür, für eine Auffrischung des RBB-Fernsehens, wurde Schlesinger im Frühjahr vom Rundfunkrat in ihr Amt gewählt, dafür muss sie sich am Donnerstag aber auch in diesem Gremium erklären. Hat Schlesinger die Schwächen des RBB erkannt? Die richtigen Akzente gesetzt? Wie bei jeder Programmreform gibt es Gewinner und Verlierer.

Was waren und sind die Schwächen

des RBB-Fernsehens?

Wo soll man anfangen? Alle haben etwas zu meckern, so richtig Wiederfinden tut sich in dem Programm keiner: viel Service, ein bisschen Schlager, Wiederholungen, alte „Polizeiruf“-Folgen, Sendungen wie „Die 30 besten Brücken, Türme etc.“ Dazu der unverwüstliche Klassiker, die „Abendschau“, Tiersendungen, Klatsch & Tratsch auch. Als der Preußen- Prinz Georg Friedrich im August 2011 in Schloss Sanssouci heiratete, übertrug der RBB drei Stunden live. Das zieht nicht und gibt vor allem nicht wieder, wie die hippe Hauptstadt (und auch Brandenburg) nach außen wahrgenommen werden will und wird. RBB-Eigenformate mit Profil sind kaum erkennbar, jetzt werden mit „Stadt, Rad, Hund“, moderiert von Bettina Rust, und den Sendungen mit Max Moor noch zwei Formate abgeschafft. Rust machte ihrer Trauer auf Facebook Luft. „Der RBB möchte jetzt, nach der Programmreform, ,kantig, lustig, informativ‘ werden (...) Beides war ja wohl weder informativ, noch kantig, noch lustig. Jedenfalls nicht für Leute, die es nicht gesehen haben. Das klingt beleidigt? Soll es nicht sein. Losgeschickt aus einer Fassungslosigkeit. Bescheuert.“

RBB sendet ja nicht nur für Berlin –

was vermissen die Zuschauer aus Brandenburg?

Anderer Unbill könnte aus Brandenburg kommen. Auch das erst vor einem Jahr aus der Taufe gehobene Magazin „RBB um vier“ wird im Zuge von Schlesingers’ Neuerungen eingestellt, damit Geld für einen Umbau am Abend frei wird. „RBB um vier“ sollte zum einen die starke Quotenschwäche am Nachmittag beheben, zum anderen mit Ü-Wagen in Eberswalde oder Cottbus das große Brandenburger Umland, die Belange der Menschen dort, besser ins RBB-Fernsehen einbinden. Man darf gespannt sein, was die Brandenburger im Rundfunkrat zum Aus von „RBB um vier“ sagen. Die alte Stadt-Land-Schere. Warum schafft es der NDR, unterschiedliche Lebenswirklichkeiten der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg zusammenzubringen?

Läuft es bei anderen öffentlich-rechtlichen

ARD-Sendern ähnlich schlecht?

24-Stunden-Programm kann keiner. Auch andere Dritte Programme wie der WDR reden stets von Finanzierungsnöten, leben von Wiederholungen, sind aber immer wieder mal in der Lage, renommierte, originelle Formate wie „Zimmer frei“, „Tatortreiniger“ oder „Dittsche“ zu kreieren. Götz Alsmann, Bjarne Maedel, Olli Dittrich stehen da für ein Programm – beim RBB fallen einem „nur“ die Namen Jörg Thadeusz, Michael Kessler und Ulli Zelle ein. Kurt Krömer war einmal. Es fehlen Marken und Anker im RBB-Fernsehen.

Wie geht der RBB die Schwäche

des TV-Programms an?

Die Entscheidung des Rundfunkrates für Patricia Schlesinger als neue Intendantin des RBB ist in erster Linie eine Entscheidung für eine neues RBB-Fernsehprogramm. Das neue Konzept, das am Donnerstag in Potsdam diskutiert wird, will sie zusammen mit Programmchefin Claudia Nothelle umsetzen. Die Reform konzentriert sich auf die sogenannte Prime Time nach 20.15 Uhr. Mehr eigene Sendungen, weniger Wiederholungen, mehr Informationssendungen mit Relevanz lautet die Prämisse. Erfolgreiche Formate wie „Täter – Opfer – Polizei“ werden gestärkt und bekommen einen Sendeplatz im Hauptabendprogramm. Dafür wird in Kauf genommen, dass durch die Einstellung von „RBB um vier“ das Nachmittagsprogramm leidet. Als kleine Entschädigung wird „RBB um sechs“ künftig an jedem Tag auf Sendung gehen.

Wie lange dauert der Umbau?

Noch besteht die Reform aus einem sehr groben Raster, in dem zum Beispiel für die Prime Time am Montagabend ein neues Verbrauchermagazin und für den Donnerstagabend in fetten roten Lettern ein neues Gesellschaftsformat eingetragen wurde. Wie die neuen Formate aussehen und welche Themen darin behandelt werden oder wer die Sendungen moderiert, dazu erwartet die Intendantin nun Vorschläge der Redaktion. Viel Zeit hat Schlesinger dafür nicht vorgesehen. Das Verbrauchermagazin soll bereits im ersten Quartal 2017 an den Start gehen, das Gesellschaftsmagazin spätestens im Frühsommer. Insgesamt aber ist die Reform mit den zwei neuen und den acht runderneuerten Formaten wie unter anderem „Stilbruch“ oder „Kowalski & Schmidt“ nicht als Sprint, sondern als Dauerlauf angelegt, der sich wohl bis ins Jahr 2018 hinziehen wird.

Was kostet das Unterfangen?

Die Kosten für die Programmreform belaufen sich insgesamt auf 6,7 Millionen Euro im Jahr. Der Großteil soll durch Umschichtungen erlöst werden. Dazu gehört unter anderem die Einstellung der Reportagesendung „RBB um vier“, aber auch der Verzicht auf die Fortführung der bestehenden Sendungen mit Max Moor soll dabei helfen, Mittel für das Hauptabendprogramm freizumachen. 1,7 Millionen Euro will der RBB aus den Mehreinnahmen finanzieren, die durch die Umwandlung der Rundfunkgebühr in eine Haushaltsabgabe zusammenkommen. Noch sind die Mittel jedoch nicht freigegeben.

Welche personellen Konsequenzen

wird es geben?

Der Umbau des Programms zieht Veränderungen für die Redaktionen des RBB-Fernsehens nach sich. Ob das Ziel, trotz Einstellung von Sendungen wie das Magazin „Klartext“ sowie den Umbau anderer Formate (wie beispielsweise der „Sportplatz“) ohne Arbeitsplatzverluste realisiert werden kann, ist nicht sicher. Zwar wird versucht, Mitarbeiter senderintern umzusetzen, doch in einigen Fällen könnte dies unter anderem wegen anderer Arbeitszeiten misslingen. Für die Moderatoren der neuen Sendungen, aber auch der runderneuerten Formate gilt, dass es keinen Automatismus bei der Besetzung gibt. Wenn nötig, will der RBB auch außerhalb des Senders nach geeigneten Moderatoren suchen. Fakt ist: Ein Sender wird kräftig umgekrempelt.

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