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"Weg mit der Rundum-Besorgnis!", fordert Mario Sixtus.

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"Datenschutz" ist ein leerer Begriff: Weg mit der Rundum-Besorgnis!

Wenn's ums Digitale geht, ist früher oder später vom Datenschutz die Rede - ein Begriff, der verboten werden sollte.

Ich würde gern ein Wort verbieten, es abschaffen, aus dem Wortschatz tilgen. Ein Wort, das früher oder später in jeder Diskussion ums Digitale fällt, das ebenso nebulös und unscharf ist wie es notorisch als Hineininterpretiergefäß dient. Ich rede vom Begriff „Datenschutz“. „Datenschutz“ bedeutet ziemlich genau: gar nichts. Wessen Daten sollen geschützt werden? Vor wem? Und vor was sollen sie geschützt werden? Vor Raub? Vor Vandalismus? Vor Beschädigung? Warum überhaupt? Ohne Kontext drumherum ist der Begriff „Datenschutz“ leer wie ein Vakuum. Schlimmer: Er ist leer wie eine Leinwand, auf die jeder eigene Bilder und Storys projiziert.

„Datenschutz“ ist ein Schnellfeuerbegriff

„Datenschutz“ ist ein Schnellfeuerbegriff, ein Schlagwort, das immer zu passen scheint, wenn es um Themen aus der Digitalwelt geht. Google fotografiert Hausfassaden für Streetview? „Was ist mit dem Datenschutz?“, fragen empörte Bürger. Amazon macht Kaufvorschläge aufgrund meiner Bestellungen? „Aber der Datenschutz!“ sorgen sich viele. Ich nutze Foursquare, um per Check-In mit dem Smartphone öffentlich bekannt zu geben, wo ich mich gerade aufhalte: im Büro, beim Feierabendbier, im Kino oder sonstwo. Etliche Male bin ich gefragt worden, ob ich mir keine Sorgen über den Datenschutz mache. Ich frage mich bei allen Beispielen, was die Frage nach Datenschutz soll. Hausfassaden haben keine Privatsphäre und dürfen von jedem fotografiert werden, ein Versandhändler weiß naturgemäß, was seine Kunden bei ihm bestellen – das war schon vor 100 Jahren so –, und ein Foursquare-Check-In ist eine öffentliche Bekanntmachung, das ziemliche Gegenteil von schützenswerten Daten. Noch mal: Welche Daten sollen vor wem geschützt werden und warum?

Eine Art universeller Besorgnis-Terminus

Das Fatale: Der Begriff „Datenschutz“ wird als eine Art universeller Besorgnis-Terminus auf alles Digitale geklebt, das Unwohlsein erzeugt, und er nivelliert auf diese Weise das Harmlose mit dem Empörenswerten. Um Datenschutz geht es bei personalisierter Werbung, bei Facebook-Gruppen, bei Rabattkarten, bei Browser-Cookies, bei Gesichtserkennungssoftware, bei Location Based Services – und bei der millionenfachen Ausschnüffelung von Bürgern durch in- und ausländische Geheimdienste.

Das kann doch nicht sein! Nicht umsonst kennt unsere Sprache unterschiedliche Begriffe für Spielzeugautos und Bohrinseln – nämlich „Spielzeugauto“ und „Bohrinsel“. Der Fall, dass ein Anzeigen-Server im Web mich wiedererkennt und mir vermeintlich passende Werbung anzeigt, und der Fall, dass Geheimagenten meine Mails auf Verdacht erst mal allesamt abspeichern, ist beide Male ein Fall für den Datenschutz?

Nee, Leute. Ich werde diesen Begriff nicht mehr verwenden und ich würde mich freuen, wenn Ihr das auch nicht mehr tut. Mario Sixtus

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