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RBB-Intendantin Dagmar Reim hat für heute eine Mitarbeiterversammlung einberufen. Gegenstand der Diskussion: die Unabhängigkeit des RBB.

© dpa

Debatte um politische Einflussnahme: RBB-Intendantin will zu Vorwürfen Stellung nehmen

Die Intendantin des RBB Dagmar Reim will sich am Dienstag auf einer Mitarbeiterversammlung zur Debatte um politische Einflussnahme am Sender erklären. Die Stimmung an der Masurenallee und in Babelsberg ist frostig.

Der Streit um eine mögliche politische Einflussnahme auf den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird an diesem Dienstagvormittag endgültig die Basis erreichen. Viele der rund 1500 festen und ebenso vielen freien Mitarbeiter sind gespannt, was ihnen die Intendantin Dagmar Reim auf der von ihr einberufenen Mitarbeiterversammlung an der Masurenallee zu sagen hat – zum aktuellen Streit, zur Unabhängigkeit des RBB, zu ihrer Person vielleicht auch. Hintergrund des Streits: Brandenburgs Regierungssprecher Thomas Braune wurde der Versuch politischer Einflussnahme vorgeworfen, weil dieser am 18. Mai 2012 beim zuständigen Fernsehredakteur Christoph Singelnstein angerufen hatte, woraufhin Singelnstein eine zuvor gesendete und von Braune kritisierte Szene mit Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) aus dem Magazin-Beitrag hat herausschneiden lassen. Was ursprünglich als singulärer Fall galt, ist zu einer RBB-Krise ausgewachsen, die eine Krise der RBB-Spitze, ihrer Kommunikationspolitik, ihrem Selbstverständnis, auch ihrer Glaubwürdigkeit geworden ist.

Längst geht es nicht mehr nur um das Verhalten des RBB-Chefredakteurs, die Intendantin steht in der Schusslinie, weil sie sich bislang in der Causa nicht öffentlich geäußert hat, sondern nur in einem Brief an die Rundfunkräte. Vor der Belegschaft des RBB wird sie dies nun an diesem Dienstag senderintern nachholen. Auch gegenüber dem Rundfunkrat will Dagmar Reim auf der nächsten Sitzung am 11. April ihre Position erklären. Doch auch dies könnte hinter verschlossenen Türen als nicht-öffentlicher Teil der Sitzung stattfinden. Entscheiden muss darüber der Rundfunkrat. Üblicherweise bleibt die Öffentlichkeit bei Personalentscheidungen draußen.

Bereits bei Ken Jebsen, dem im November 2011 geschassten Radio-Fritz-Moderator, hatte sich Dagmar Reim lange in Schweigen gehüllt. Der Vorwurf gegen den eigenwilligen Radio-Mann, er habe sich antisemitisch geäußert, war zwar falsch, aber es stellte sich heraus, dass Jebsen über Jahre mehr oder minder ungehindert seine Verschwörungstheorien senden konnte. Das kostete Radio-Fritz-Chef Stefan Warbeck den Job, zudem kam die Frage nach der Verantwortung von RBB-Programmchefin Claudia Nothelle auf. Dagmar Reim blieb zurückhaltend.

Nun warten die Mitarbeiter auf eine Stimme ihrer Intendantin, wo der unerhörte Vorwurf politischer Einflussnahmen beim RBB im Raum steht. So frostig wie jetzt war die Stimmung in der RBB-Belegschaft selten. In der vergangenen Woche verging nicht ein Tag, an dem keine neuen Vorwürfe gegen den öffentlich-rechtlichen Sender laut worden. Dabei entstand der Eindruck, dass der RBB unter dem SPD-Parteimitglied Christoph Singelnstein just auf dem SPD-Auge zumindest einige blinde Flecken hat – und dies längst nicht nur bei Anrufen vom Regierungssprecher einer SPD-geführten Landesregierung (Singelnstein und Braune haben früher gemeinsam für „Antenne Brandenburg“ gearbeitet).

So soll ein Bericht über Gehälter bei der SPD-nahen Arbeiterwohlfahrt unter Mindestlohnniveau vor der Ausstrahlung in „Brandenburg aktuell“ aus dem Programm geflogen sein. Dass Singelnstein seine Nähe zur brandenburgischen SPD überdies durch herzliche Umarmungen mit Landesvater Matthias Platzeck öffentlich kundtut, trägt ebenfalls zur Verunsicherung der journalistischen Belegschaft bei. Auch dass der RBB die Affäre um den ehemaligen Innenminister von Brandenburg, Rainer Speer, erst mit einigen Tagen Verzögerung für berichtenswert hielt, verstärkt den Eindruck, dieses Verhalten könne System haben.

Wie heftig Dagmar Reim und ihrer Führungsriege der Wind inzwischen ins Gesicht bläst, zeigte sich in einer Stellungnahme des RBB-Redakteursausschusses zum Verhalten von Chefredakteur Singelnstein. Die Stellungnahme gipfelte in dem Satz: „Der Redakteursausschuss des RBB erwartet von einem Chefredakteur, dass er sich vor seine Mitarbeiter stellt und inhaltlicher Einflussnahme von außen ausnahmslos widersteht.“ Was dort nicht steht, aber inzwischen genauso sowohl von den Mitarbeitern des Senders als auch von der Öffentlichkeit, insbesondere in Potsdam und Berlin, erwartet wird, ist, dass sich die Intendantin nun entweder für oder gegen ihren Chefredakteur in Position bringt. Um weiteren Schaden vom Sender abzuwehren, wünscht man sich im Sender eine unabhängige, über jeden Zweifel erhabene Kommission, die die jüngst erhobenen Vorwürfe aufklärt.

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