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Medien: Der Diplomat – ARD-Programmchef Günter Struve wird 65

Geht das? Dass einer Mozart liebt und zugleich Karl Moik schätzt?

Geht das? Dass einer Mozart liebt und zugleich Karl Moik schätzt? Das geht, das muss sogar zusammengehen beim Programmdirektor der ARD, wenn er zu unterscheiden weiß und Günter Struve heißt. Struve liebt privat Mozart (überhaupt klassische Musik), niemals aber würde er die Übertragung einer Mozart Oper im ersten Programm zulassen. Für dessen massenattraktiven Erfolg arbeitet der Profi Struve, der Moik so sehr schätzt, weil der Volksmusikant, anders als Mozart, der ARD Millionen Zuschauer zuführt. Den privaten Struve hält Struve aus dem Fernsehgeschäft raus.

Der Programmdirektor der ARD muss neun Landesrundfunkanstalten hinter dem Ziel vereinen, dass das erste Programm vom Publikum mehr eingeschaltet wird als die Konkurrenz. 2004 ist das formidabel geglückt, und die Fortsetzung soll folgen: Bis Anfang 2006 muss Struve ein Schema für das Abendprogramm hinlegen, das vom Fixpunkt der „Tagesthemen“ um 22 Uhr 15 aus die Zuschauer und die Sender der ARD überzeugt. Damit sind alle Facetten des promovierten Politologen aus Bad Bramstedt gefordert: der Diplomat, das ist Struve, er hat für Willy Brandt und den SPD-Senat von Berlin und zwischen den Systemen West/Ost gearbeitet; der Machtmensch, auch das ist Struve, weil er als WDR-Fernsehdirektor und als ARD-Programmchef zum Zweck der hohen Marktanteile immer noch (s)eine Mehrheit gegen die Minderheit organisieren konnte; der Papageno, der seine meterdicke Ironie blitzeschnell in betörendes Säuseln changieren lassen kann. Mit welcher Nähe und aus welcher Distanz Struve sein Programm-Geschäft betreibt, wird in seiner knappen Antwort auf die Frage deutlich, ob Fernsehen denn glücklich mache: „Nein“.

Heute wird Günter Struve 65 und mit seiner 90-jährigen Mutter in Dithmarschen feiern, morgen wird er wieder in München das ARD-Orchester dirigieren – sein Vertrag läuft bis 2007. Was danach sein wird? Wenn Struve seinen eigenen Vorhersagen glaubt, wird er München Richtung Berlin verlassen und hoffen, dass es dann endlich einen Direktflug von der Hauptstadt nach San Francisco gibt. Dort leben seine Tochter und sein Enkelkind, von dem Günter Struve mit einer Zuneigung sprechen kann, wie es die Kolleginnen und Kollegen in der ARD nie erleben werden – und nie erleben sollen. jbh

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