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Medien: Der gute Mensch Sanofi

VORSICHT! WERBUNG Seit zwei Wochen werden die Leser der großen deutschen Tageszeitungen mit Gutmensch-Anzeigen konfrontiert.

VORSICHT! WERBUNG

Seit zwei Wochen werden die Leser der großen deutschen Tageszeitungen mit Gutmensch-Anzeigen konfrontiert. „Wir sehen nicht ein, warum Forscher nicht zusammenarbeiten sollten, um schneller eine Lösung zu finden“, steht da zum Beispiel über dem Foto eines nachdenklichen älteren Herrn.

Das klingt nur zu vernünftig, was sich die Agentur Publicis da ausgedacht hat. Und auch der erste Satz des erläuternden Textes ruft nach Zustimmung: „Auf einem so wichtigen Feld wie der Gesundheit muss alles getan werden, um schneller voran zu kommen.“ Es geht um den Zusammenschluss von Sanofi-Synthelabo mit Aventis. Gab es vor einigen Jahren nicht was Ähnliches?

Richtig, vodaphone versuchte der deutschen Öffentlichkeit klar zu machen, dass Mannesmann mit ihrer Mobilfunksparte nur überlebensfähig ist, wenn sie sich mit vodaphone zusammentut. Vordergründig geht es um Synergien. In Wahrheit will ein Unternehmen einen Konkurrenten loswerden, indem es ihn aufkauft, die Filetstücke raus schneidet und den Rest den Abdeckern des Finanzmarkts überlässt.

Warum aber versucht Sanofi wie weiland vodaphone mit einer schätzungsweise 150 Millionen Euro teuren Kampagne die feindliche Übernahme zur menschenfreundlichen Fusion zu erheben? Es gibt eine Vermutung. Sanofi war bis dato allenfalls Börsianern bekannt. Jetzt haben die Franzosen einen Grund, in Deutschland als gute Menschen aufzutreten. Sanofi ist nicht einmal halb so groß wie Aventis und schreibt im Gegensatz zu dieser rote Zahlen. Die ganzseitigen Anzeigen aber vermitteln Größe und Stärke. Die Inserate zeugen von Pioniergeist. Sanofi muss befürchten, dass kritische Wirtschaftsredakteure ebensolche Fragen stellen. Ein dicker Anzeigenauftrag aber könnte diese Fragen mildern: Beiß nicht die Hand, die dich füttert. Funktioniert leider nicht. Die deutschen Medien sind sich ausnahmsweise einig, dass diese Übernahme ein Raubzug ist. Außerdem kommt ab heute Gegenwind von Aventis: Die Frankfurter geben mit einer 13 Millionen Euro teuren Kampagne der Agentur TBWA der grundguten Sanofi ordentlich was auf die Finger. Ob’s was bringt? Ich hätte als Aventis schadenfroh zugesehen, wie sich Sanofi immer weiter an die Wand wirbt.

Reinhard Siemes

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