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Medien: Der Harry mit der Harley

Der neue Berliner „Tatort“ mit Jürgen Vogel und vielen Klischees

Manchmal sind sie da, die ungewöhnlichen Momente im „Tatort: Der vierte Mann“. Etwa, wenn Kommissar Felix Stark plötzlich völlig zusammenhangslos eine finnische Weise von sich gibt. Das ist zwar ein Insidergag (Regisseur Hannu Salonen ist Finne), aber trotzdem witzig. Je länger der „Tatort“ des RBB aber läuft, desto klarer wird jedoch, dass selbst die tollsten Schauspieler ein unausgegorenes Drehbuch nicht einfach wegspielen können.

„Der vierte Mann“ leidet an zwei Krankheiten: Ideenmangel und Klischeeüberschuss. Und so sind viele alte Bekannte an Bord, die man eigentlich nicht mehr treffen wollte: das „Guter-Bulle-böser-Bulle“-Spiel („Oh Mann, Harry, jetzt sagen Sie doch, wie es wirklich war!“), die Verfolgungsjagd zu Fuß, per Auto und im Lagerhaus, die Fernglas-Szene, das „Wir-arbeiten-bis-spät-in- die-Nacht-hinein“-Gähnen. Dabei hätte das charismatische Ermittlerduo Ritter/Stark (gespielt von Dominic Raacke und Boris Aljinovic) durchaus ein paar Experimente mehr verdient. Auch Jürgen Vogel spielt zwar gut, kann seinen Charakter aber nicht aus der Klischeefalle holen, in die ihn das Drehbuch schiebt: Er ist der liebenswerte Rocker/Gauner Harry Wolter, der auf seiner Harley reitet, in einem Tätowierstudio arbeitet und in einem verlassenen Schwimmbad wohnt. Das muss erst einmal verdaut werden. Harry ist also der Hauptverdächtige. Er soll den Kunstrestaurator Lohmeyer ermordet haben, weil ihm dieser Geld schuldete. Aber das ist natürlich zu einfach.

Schnell geraten die Kommissare an zwielichtige Kunsthistorikerinnen und Warenimporteure. Es entspinnt sich ein Netz, das vom Alten Museum über eine Schönheitsklinik bis nach Russland reicht. Zwar hat Regisseur Salonen noch eine ganze Menge am Drehbuch herumgefeilt, weil in der ersten Version „schon auf Seite eins“ klar gewesen sein soll, wer der Mörder ist. Aber vielleicht hätte er sich dafür noch ein wenig mehr Zeit nehmen sollen. Denn wenn am Ende die Kapuze fällt und den Blick frei gibt auf den mysteriösen vierten Mann, dann ist man doch ein wenig enttäuscht.

„Tatort: Der vierte Mann“, ARD, 20 Uhr 15

Christian Hönicke

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