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Medien: „Der hat meinen Charakter“ Horst Tappert, der phänomenale „Derrick“-Darsteller, wird 80

„Derrick war ein Phänomen, das ich mir mitunter selbst nicht erklären kann, wenn ich so eine Folge sehe." Sagt der, der ihn gespielt hat, Horst Tappert.

„Derrick war ein Phänomen, das ich mir mitunter selbst nicht erklären kann, wenn ich so eine Folge sehe." Sagt der, der ihn gespielt hat, Horst Tappert. „Auch, worauf dieser Erfolg zurückzuführen ist – der im Ausland ist noch größer als hier in Deutschland. Es ist einfach so. Ich bekomme dazu Post aus Australien, aus Südafrika. Es ist schon bemerkenswert, und etwas Ähnliches wird es so nicht mehr geben."

Horst Tappert wird heute 80. Und er wird sich an diesem Ehrentag von seinem Publikum verabschieden, mit dem von Peter Patzak inszenierten Königs-Melodram „Herz ohne Krone" (heute, 20 Uhr 15), das ihm sein Haussender, das ZDF, zum Geschenk macht. „Es ist mein absolut letzter Film!", sagt Tappert. Ein Abschiedsgeschenk nicht ohne Pathos und Klischees und Rührseligkeit. Eigentlich kein wirklich passendes Geschenk, das weiß der Schauspieler auch selbst. Tappert, der mit 286 „Derrick"-Folgen (vom 20. Oktober 1974 bis zum 16. Oktober 1998) zum Mythos wurde und hernach nur noch eine Rolle spielte, „Der Kardinal" (ZDF, 2000), mimt hier nun den König Rudolph von Sachenien, der nach 20-jährigem Zwangs-Exil in seine fiktive Heimat zurückkehrt. Das Land ist seit seinem erzwungenen Fortgang tief gefallen, und noch einmal übernimmt der unverändert Gekränkte auf Bitten der Regierung politische Verantwortung – und verliebt sich überdies im Alter. Seichte Weichzeichner-Unterhaltung (das (Buch stammt von Barbara Piazza), die diesem Schauspieler bei weitem nicht gerecht wird. Schade drum!

Horst Tappert, der soeben in München mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet und dabei mit Standing Ovations verdientermaßen gefeiert wurde, hat in einem Vierteljahrhundert ein Stück bundesrepublikanische Fernsehgeschichte geschrieben. Jeder kennt „Derrick", von Herbert Reinecker geschrieben, produziert von Helmut Ringelmann. Ein Münchner Oberinspektor, der zum Kult avanciert ist, Deutschlands Hauspsychologe, dessen Fälle durchaus ein gesellschaftliches Kaleidoskop abgeben. Eine Institution. Eine moralische Instanz. Auch ein friedlicher Botschafter Deutschlands im Ausland, in genau 102 Ländern! In Italien, wo Tappert auch die meisten Auszeichnungen erhielt, da ist „Derrick" eine Art Volksheld, auch der Inbegriff des korrekt-anständigen Deutschen: Da ist es schon passiert, sagt Tappert, dass er mit Frau Ursula Urlaub macht, und Fiat in Fiat krachte, weil man ihn erkannte – „Derrickee!"

Doch wo lag eigentlich die Grenze zwischen Stephan Derrick und Horst Tappert? „Ich bin ja ständig mit dieser Figur verschmolzen. Ich war nicht frei davon: Morgens verlasse ich das Haus und werde vom Dienstwagen abgeholt. Dann bin ich Stephan Derrick. Abends, wenn ich mit dem Schlüssel vor der Haustüre stehe, bin ich wieder der Horst Tappert. Es ist wohl eine Symbiose." Eine Symbiose, die 25 Jahre lang nichts an ihrer Glaubwürdigkeit einbüßte. Und "Derrick", das war ein Gutmensch, ein Brechtscher Sezuan. Noch eine Übereinstimmung? „Ich bin ein Spießer. Und ,Derrick’ hatte meinen Charakter, mehr oder weniger, da gab es nichts zu spielen. Ich selbst habe nicht einmal falsch geparkt, oder Punkte in Flensburg, oder Alkohol am Steuer. Das kenne ich alles nicht …“

Doch befragt nach dem, was ihm rückblickend am wichtigsten war, nennt Horst Tappert seine elf „Lehrjahre" an den Münchner Kammerspielen, seine Begegnungen mit den Regisseuren Fritz Kortner und Hans Schweikhart – Theater, viel Theater. Das alles war in den 50ern. Dann kamen neben anderen Fernsehfilmen die legendären „Gentlemen bitten zur Kasse" (1966), drei „Edgar-Wallace"-Filme (1967/68), und dann, schließlich, „Derrick". Als solchen werden die Zuschauer ihn immer in Erinnerung haben, und zwar in sehr guter.

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