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Hilfe aus Frankreich für die Schwarzwald-Kommissare Berg (Hans-Jochen Wagner) und Tobler (Eva Löbau). Im Nachbarland gibt es die erweiterte DNA-Merkmalsuntersuchung schon länger.

© SWR/Benoit Linder

Der „Tatort“ aus dem Schwarzwald: Über die Grenzen der DNA-Analyse

DNA-Tests zur Hautfarbe? Warum der Arbeitstitel des Schwarzwald-„Tatort“ zunächst Datenschutz hieß.

Der letzte „Tatort“ aus dem Schwarzwald hat seinen besonderen Anspruch schon im Titel verdeutlicht: „Ich hab im Traum geweinet“ war ein Fasnachts-Krimi, der an den eigenen Ambitionen zerschellt ist. Im sechsten Fall für Franziska Tobler und Friedemann Berg (Eva Löbau, Hans-Jochen Wagner) geht es wieder um eine handelsübliche Tätersuche: Nach einem feuchtfröhlichen Weinfest wird eine Radiomoderatorin (Victoria Trauttmansdorff) während ihres Heimwegs durch die Weinberge betäubt und vergewaltigt. Sie kann sich zwar an nichts erinnern, doch der Täter hat DNA-Spuren hinterlassen.

Ein freiwilliger Massen-Gentest bleibt ohne Ergebnis; allerdings nehmen ohnehin nicht alle der mehreren Hundert in- frage kommenden Männer teil. Trotzdem kann das Freiburger Duo den Kreis der potenziellen Täter schließlich auf drei Kandidaten eingrenzen; aber die weigern sich, eine Speichelprobe abzugeben.

[„Tatort: Rebland“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15]

Das klingt nach einer überschaubaren Geschichte, aber es dauert eine Weile, bis das Duo genug Hinweise beisammen hat, um tatsächlich eine richterliche Anordnung für einen DNA-Test zu erwirken. Weil das Drehbuch (Nicole Armbruster) die drei Männer früh einführt, bezieht der Film seine Spannung auch ganz klassisch aus der Frage, wer die Tat begangen hat.

Der eigentliche Reiz liegt jedoch in der Sympathieverteilung, was prompt eine gewisse Vorverurteilung zur Folge hat, wenn auch nicht durch die Ermittler, sondern durch die Zuschauer: Victor Baumann (Roman Knižka) ist vor Jahren schon mal zu Unrecht beschuldigt worden, eine Frau sexuell belästigt zu haben; das hätte damals beinahe sein Leben zerstört. Klaus Kleinert (Fabian Busch) ist alleinerziehender Vater, hadert seit dem Tod seiner Frau mit dem Schicksal und schwebt in ständiger Gefahr, seine kleine Tochter zu verlieren. Der dritte Kandidat ist Streifenpolizist Lewandowsky (Marek Harloff) mit einem wenig einnehmenden Wesen, der keine Lust hat, mit den Kollegen von der Kripo zu kooperieren und sogar beleidigend wird.

Ein typischer Fehler wurde vermieden

Viele Filme verderben den Couch-Kriminalisten schon mit der Besetzung die Freude am Mitraten, weil es zum Beispiel nur einen namhaften Gastdarsteller gibt. Diesen typischen Fehler hat der SWR vermieden. Die Schauspieler sind im Gegenteil sehr geschickt ausgewählt, selbst wenn Marek Harloff allzu offensiv als Verdächtiger vom Dienst präsentiert wird; aber sogar der Polizist darf seiner mangelnden Impulskontrolle zum Trotz positive Seiten zeigen. Dank der vielen Szenen mit den drei Männern bekommen Knižka, Busch und Harloff ohnehin ausgiebig Gelegenheit, ihre Figuren jenseits der üblichen Klischees zu verkörpern.

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Die Tätersuche ist jedoch nur die eine Seite des Drehbuchs. Die andere gilt einem umstrittenen Aspekt der DNA-Auswertung, wie schon der Arbeitstitel „Datenschutz“ andeutet: Es geht um die Frage, welche der Informationen, die bei einer Analyse gewonnen werden, tatsächlich polizeilich verwendet werden dürfen; schließlich lassen sich bei einem Gen-Test nicht nur Rückschlüsse aufs Geschlecht, sondern auch auf Haar-, Haut- und Augenfarbe sowie das Alter ziehen.

Das komplizierte Thema stört den Handlungsfluss

Bei der Umsetzung dieses Themas verliert der Film allerdings seinen sonstigen Fluss (Regie: Barbara Kulcsar), weil die Handlung gewissermaßen stoppt, damit Tobler und Berg das Thema wahlweise untereinander oder mit ihrer Chefin Cornelia Harms (Steffi Kühnert) diskutieren können.

Beide Seiten haben nachvollziehbare Argumente: Berg versteht nicht, warum der Polizei nicht sämtliche Informationen zur Verfügung gestellt werden, Harms fürchtet rassistische Reaktionen, wenn die Analyse einen Täter mit dunkler Hautfarbe ergibt; aber die entsprechenden Gespräche wirken wie der misslungene Versuch, eine konventionelle Krimihandlung zu veredeln.

Die Frage kommt auf, weil es jenseits der französischen Grenze vor einiger Zeit einen ähnlichen Vergewaltigungsfall gegeben hat, dort jedoch mit Todesfolge. Da in Frankreich eine erweiterte Merkmalsuntersuchung erlaubt ist, lassen sich Tobler und Berg die Ergebnisse schicken. Der Disput ist aus heutiger Sicht allerdings müßig: Mittlerweile ist die erweiterte DNA-Analyse gesetzlich verankert.

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