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Bekommen es mit Blindgängern und Bauherren zu tun: Die Kommissare Schenk (Dietmar Bär, rechts) und Ballauf (Klaus J. Behrendt).

© WDR/Martin Valentin Menke

Der "Tatort" aus Köln: Bauen und Bomben

Der Kölner „Tatort“ ist ein etwas überladener Krimi über Blindgänger, Bauprojekte und Affären.

Die Themen der „Tatort“-Reihe liegen häufig, wie man so sagt, auf der Straße. Manchmal aber auch darunter. In der Kölner Folge „Bombengeschäft“ will ein Baggerführer gerade die Schaufel ein weiteres Mal ins Erdreich rammen, als ihn ein aufgeregter Kollege zu stoppen versucht. Denn aus dem Boden ragt ein Blindgänger heraus. Der auf seinem Butterbrot kauende Baggerführer, beziehungsreich aus dem Radio abgelenkt durch den OMD-Song „Enola Gay“, reagiert erst im letzten Moment. Gerade noch mal gut gegangen.

Nicht ganz: Zwar entschärfen Peter Krämer (Beat Marti) und seine Kollegin Katharina Vostell (Isabel Thierauch) die Fünf-Zentner-Bombe vor Ort, aber in der Lagerhalle des Kampfmittelbeseitigungsdienstes kommt Krämer bei einer Explosion doch noch ums Leben. Dabei wurde er förmlich ausgelöscht. „Als wäre die Person nie da gewesen“, sagt Gerichtsmediziner Roth (Jo Bausch). Gefunden wird lediglich ein Stück von seinem Unterkieferknochen, in dem sich der Metallsplitter von einer modernen Handgranate findet. Also doch kein Blindgänger-Unfall, sondern Mord oder Selbstmord, schlussfolgern die Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär). Ob bei diesem Szenario physikalisch und medizinisch alles mit rechten Dingen zugeht, sei mal dahingestellt.

Reale und aktuelle Umstände

Aber die neue „Tatort“-Folge bezieht sich zweifellos auf reale und aktuelle Umstände: Allein Köln war im Zweiten Weltkrieg 262 Mal aus der Luft bombardiert worden; was da noch alles im Boden schlummert, weiß niemand genau. Der jüngste Bombenfund wurde gerade erst in der Nacht zu Donnerstag im rechtsrheinischen Köln-Kalk entschärft. Bauen und Bomben, neue und alte Lasten – damit ist, um im Bild zu bleiben, der Boden bereitet für eine pickepacke voll beladene Geschichte. Es geht um Liebe und Freundschaft, um Kriegstraumata, Eifer- und Spielsucht, um einen Vater-Sohn-Konflikt und ein bisschen auch um Gentrifizierung. Denn der verstorbene Peter Krämer hatte nicht nur eine Affäre mit seiner Kollegin Vostell, was ein klassisches Mordmotiv wäre für seine Ehefrau Alena (Alessija Lause) und den eifersüchtigen Kollegen Joachim Maiwald (Adrian Topol). Und dann schnappte Krämer dem leicht erregbaren Sascha Feichdinger (Thomas Darchinger) auch noch ein Haus in einer begehrten Neubausiedlung vor der Nase weg.

Wenn es aber in diesem etwas überladenen Film eine Figur gibt, die das Einschalten lohnt, dann ist dies Alexander Haug (Sascha Alexander Gersak), Krämers ehemaliger Räumdienst-Kollege, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, seit er in Bosnien auf eine Mine trat. Haug ist eine schlagfertige Type, die gerne mal derbe und auch doofe Sprüche raushaut („Als Krüppel macht man keine großen Sprünge“), gleichzeitig dank Gersak sehr kraftvoll und lebendig wirkt.

Der erste Whodunit für Thomas Stiller

Für Thomas Stiller, der seit knapp 30 Jahren als Drehbuchautor und Regisseur tätig ist, ist es „das erste Mal, dass ich mich an ein klassisches ,Whodunit‘ gewagt habe“. Das Publikum solle gemeinsam mit Ballauf und Schenk „entdecken und rätseln, wer an der Tat beteiligt war“. Die Folge „Bombengeschäft“ ist also ein „Tatort“, der einfach nur Krimi sein will, auch die Kommissare sind einfach nur Ermittler. Thomas Gehringer

„Tatort: Bombengeschäft“; ARD, Sonntag, 20 Uhr 15

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