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Medien: Der ungeduldige Autor

Zum Tod von Wilhelm Bittorf

Wilhelm Bittorf, ehemaliger „Spiegel“Autor und Fernsehfilmer, ist am Dienstag im Alter von 72 Jahren in Hamburg gestorben. Schon zu Anfang des „Spiegel“, als das Magazin von einer kleinen Equipe in Hannover zusammengebaut wurde, war Wilhelm Bittorf dabei, ab 1951. Bittorf zählte damals 22 Jahre, galt als ein bisschen verwegen, als ungeheuer fleißig und kritisch. „Manchmal schrieb er sieben Auslandsgeschichten in der Nacht von Donnerstag auf Freitag“, erinnert sich ein Kollege. Alles interessierte ihn, wie es für einen Journalisten gelten sollte: Literatur, von Hemingway bis Jelinek, Außenpolitik von Vietnam bis Ruanda, Innenpolitik von der Studentenrevolte bis zu Parteiskandalen. Als Bittorf 1996 sein Zimmer im „Spiegel“ räumte, war er fast ununterbrochen dessen Mitarbeiter gewesen, hatte zahllose Titelgeschichten verfasst, Reportagen und Essays, und war Träger eines Egon-Erwin- Kisch-Preises.

Zwischendurch hatte Bittorf den „Spiegel“ ein paar Mal verlassen, um Dokumentarfilme zu drehen. Er gehörte zur „Stuttgarter Schule“ beim Süddeutschen Rundfunk, wo sich ein neuer Dokumentarstil entwickelte, der viel Wert legte auf Dramaturgie. Berühmt wurde die Sendereihe „Kundschafter", für die Bittorf Filme über die CIA, Sigmund Freud, die Formel 1 oder das Rauchen drehte.

Bittorf war ein Erzähler, kein Polemiker. Aber er konnte sarkastisch werden, sogar zornig, etwa wenn er von den „Schwabinger Krawallen“ sprach, die in München in den 50er Jahren die 68er Jugendrevolte vorwegnahmen. „Da taten die Erwachsenen so, als sei wegen ein paar zerbrochener Stühle in einem Gartenrestaurant das Ende der Welt nahe", sagte er einmal, „und ich musste an die zerbombten Städte denken, die die auf dem Gewissen hatten.“ Bittorf, 1929 in Hildburghausen geboren, wird, so will es seine Frau, die Fotografin Karin Rocholl, an diesem Ort, den er liebte, seine letzte Ruhestätte finden. cf

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