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Oliver Welke in der "heute-show"

© dpa

Deutschlands TV-Nachrichtensatire: Willkommen in der „extra show“

"heute-show" und "extra 3": Die beliebten TV-Satire-Formate teilen sich öfters das Personal – auch aus Mangel an guten Autoren.

Kongresswahlen in den USA, Maaßen geht, aber Seehofer bleibt noch, Football Leaks – guter Stoff für die TV-Nachrichtensatire aus dieser Woche. Stellt sich bloß die Frage: Wie kommt man da inhaltlich in „extra 3“ und „heute-show“ aneinander vorbei? Was mittwochabends im NDR schon treffend persifliert wurde, lässt sich in der „heute-show“ (ZDF) zwei Tage später kaum noch überbieten. Und nicht nur inhaltlich wird es eng, auch das Comedy-Personal stiftet Verwirrung: Ein Christian Ehring, der als Frontmann „extra 3“ in der ARD präsentiert, taucht dann ein, zwei Tage später neben Oliver Welke im ZDF auf, so auch wieder an diesem Freitagabend.

Ein kleiner Grenzverkehr. Die beiden großen Satireshows von ARD und ZDF teilen sich munter das Personal. Micky Beisenherz, Dietmar Jacobs, Andreas Coerper, Lutz van der Horst, Ralf Kabelka, es gibt halt nicht so viele von der Sorte. In Deutschland herrscht ein Mangel an guten Comedy-Autoren sowie Comedy-Frontmännern/-Frontfrauen.

Die mediale Satireindustrie scheint, ähnlich den Sportreportern, ein Haufen unternehmungslustiger Recken, die gerne die Lager wechseln. Was wohl gut funktioniert. Christian Ehring und sein Haussender haben zumindest keine Probleme damit, quasi gleichzeitig bei zwei Satireshows in der Woche aufzutreten, als Doppelagent in „extra 3“ und „heute-show“. „Ich bin dort seit 2009. 2011 kam ,extra 3‘ hinzu“, sagt Ehring. Das ZDF habe ihm keine Steine in den Weg gelegt. „Der NDR war auch entspannt.“

Der Terminkalender des 46-jährigen Kabarettisten ist anspruchsvoll. „extra 3“ läuft wöchentlich entweder mittwochs im NDR oder Donnerstags im Ersten. Ehring beginnt am Wochenende mit den Vorbereitungen. „Insgesamt sind das 42 Sendungen im Jahr. Bei der ,heute-show‘ bin ich circa acht Mal im Jahr dabei. Den Text schreibt Oliver Welke mit seinem Autorenteam. Vorbereitungszeit für mich: eine Stunde.“

Ähnlich entspannt sieht das Sebastian Pufpaff, nicht nur Stammgast in der „heute-show“. „Ich war auch schon im ,Satiregipfel‘, bei ,Nuhr im Ersten‘, in den ,Mitternachtsspitzen‘, bei ,Markus Lanz‘ und und und, wieso sollte ich ein Problem damit haben, in verschiedenen Formaten aufzutreten?“ Im Grunde genommen seien Formate nichts anderes als Bühnen, die Pufpaff nutzt. Dass ein Sender ein Exklusivrecht auf ihn anmelden wollte, das habe er noch nicht erlebt.

Welche Show kriegt meine besten Gags?

Etwas schwieriger wird das mit der Präferenz bei den Comedy-Autoren, so nach dem Motto: Welche Show kriegt meine besten Gags? Wer bucht mich als Erster? Bei wochenaktueller TV-Satire muss ständig neuer Stoff her. Es sind im Grunde die Autorenteams, die die Satireshows zusammenstellen. Dietmar Jacobs, einer der profiliertesten deutschen Gagautoren, der die RTL-Sitcom „Das Amt“ mit Jochen Busse erfand, arbeitet wöchentlich für „extra3“, hat auch schon für die „heute-show“ geschrieben, dieses Engagement 2018 aber zurückgefahren.

Man könne nur schwer mehrere Shows bedienen. „Die Anzahl von Pointen und Denkweisen zu den fast immer gleichen Groko- oder Trump-Themen ist nicht unendlich. Da will ich nicht selektieren müssen: der eine Gag für ,extra 3‘, der andere für die ,heute-show‘.“ Auch, weil er die Macher der Sendungen persönlich kenne und schätze.

Einer von ihnen ist Oliver Welke. Im Falle Christian Ehring sieht er kein Problem. Der sei „heute-show“-Ensemblemitglied der ersten Stunde, „liefert bei uns immer Top-Leistung, daher gönne ich ihm selbstverständlich sein eigenes Format“. Und was ist mit dem Autorennachwuchs? „Echter Mangel herrscht da“, sagt Welke, „zumal es im Vergleich zu Schmidts und Raabs Zeiten weniger TV-Formate gibt, in denen junge Autoren wochenaktuelle Comedy üben können. Wir suchen ständig, auch unter Journalisten oder in der Poetry-Slam-Szene.“ Ähnlich der Kommentar von Christian Ehring: „Wie überall sind auch bei Comedy-Autoren die besten sehr gefragt. Ich persönlich würde mir vor allem mehr Autorinnen wünschen.“

Christian Ehring in "extra 3"
Christian Ehring in "extra 3"

© NDR/Thomas Pritschet

Der Beruf des Comedyautors sei absolut vernachlässigt worden, sagt auch Sebastian Pufpaff. Wünschenswert wäre ein Studiengang oder ein Fach dazu, zumindest dass es in den schreibenden Zünften ein Bestandteil wird.

Beim Satireshow-Personal ist es also eng, regelt sich aber irgendwie untereinander. Bleibt die Sache mit den Inhalten. Themen der Woche lassen sich ja nicht von Mittwoch auf Freitag neu erfinden. Merz, Maaßen, Midterm-Wahlen – wie schaffen es „extra 3“ und „heute-show“, unterschiedliche Akzente zu setzen? „Durch freundliches Ignorieren“, sagt Christian Ehring. „Manchmal kommen verschiedene Gehirne auf den gleichen Ansatz, manchmal auch auf ganz unterschiedliche.“ Eindeutige Doppelungen versuche man bei „extra 3“ zu vermeiden. „Aber es sind uns auch schon Dinge durchgerutscht.“ Ehrings Show habe den strategischen Vorteil, dass die Sendung an einem früheren Wochentag läuft.

Pech für Welke, in der „heute-show“ Moderator und Autor. Schaut er sich vorher an, was die NDR-Kollegen gemacht haben? „Klar guckt man die anderen. Und wenn die mal einen Ausschnitt oder Politiker-O-Ton haben, den wir auch einplanen, dann setzen wir halt einen anderen Gag drauf. Im Idealfall einen besseren.“ Das klappt natürlich nicht immer.

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