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Medien: Die andere Sicht

Arte zeigt 14-teilige Reihe über den Zweiten Weltkrieg.

„Vom Rest der Welt waren wir in Mobile ganz weit weg“, erinnert sich Katharine Philipps. Der Zweite Weltkrieg, das war woanders. Aber dann griffen die Japaner den amerikanischen Stützpunkt Pearl Harbor an, im Dezember ’41, und das musste gerächt werden. Die USA stiegen ein in den Krieg gegen die „Achsenmächte“ Deutschland, Japan und Italien. Wie die Einwohner von vier amerikanischen Provinzstädten den Zweiten Weltkrieg erlebten, an den Fronten und in der Heimat, das schildert die aufwendige Dokumentationsreihe „The War“ von Ken Burns und Lynn Novick, die im US-Fernsehen überaus erfolgreich lief.

Geschichtsdokus über Krieg, Nazis und Wehrmacht der letzten Jahre hat es bereits so viele gegeben, dass man glaubt, alles über den Zweiten Weltkrieg zu wissen. Tatsächlich ist man eher der Machart der üblichen Dokus überdrüssig. Burns und Novicks Film ist ein gelungener Perspektivwechsel gelungen. „The War“ setzt am US-amerikanischen Alltag an. Der Film nimmt sich Zeit für Einzelschicksale, für die Jungs, die plötzlich Soldaten waren, und für die Angehörigen, die zu Hause um sie bangten. Das ist spannend, unterhaltsam, und informativ.

Die Autoren konzentrieren sich dabei auf die Erfahrungen und Gefühle von US-Amerikanern. Ärgerlich ist allerdings, wenn die nationalsozialistische Eroberungs- und Vernichtungspolitik als Hitlers persönliches Wirken dargestellt wird. „Hitler hatte sein kriminelles NS-Regime aufgebaut“, heißt es da, oder „Hitler redete den Deutschen ein …“ Die historische Forschung in Europa sieht das anders: Hitlers politischer Erfolg ist nicht erklärbar ohne wirtschaftliche und politische Hintergründe, ohne die Analyse von rassistischen Vorurteilen und reaktionären Lebenskonzepten dieser Epoche, darüber herrscht Einigkeit.

Burns und Novick sehen die Ursachen für den Zweiten Weltkrieg in „uralten menschlichen Regungen wie Wut, Überheblichkeit, Bigotterie, Gier nach Herrschaft und Macht.“ Aber solche vom allgemein Menschlichen raunenden Sätze sind bald vergessen, wenn die ehemaligen Soldaten und die Angehörigen der Gefallenen erzählen, was damals geschah. Sorgfältig montiertes historisches Material und die eindrucksvolle, manchmal etwas zu perfekt konstruierte Ton- und Musikcollage unterstützen die emotionale Wirkung.

Burns und Novick wissen, dass es ohne die Bilder von den Kämpfen und Leichenbergen nicht geht. Sie beherrschen aber auch die Kunst, von Einzelschicksalen so zu erzählen, dass Anteilnahme entsteht. „Es gibt keine guten Kriege“, sagt einer der Zeitzeugen. „Aber manche sind notwendig.“ Eckart Lottmann

„The War“; Arte, die 14-teilige Reihe wird jeweils um 21 Uhr ausgestrahlt

Eckart Lottmann

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