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Verlass auf Geschwister? Kuratorin Gro Grønnegaard (Trine Dyrholm) versucht im Streit um Machenschaften eines Bergbaukonzerns für Ruhe zu sorgen.

© Arte

"Die Erbschaft", dritte Staffel: Ton, Steine, Erben

Zwischen Netzaktivisten und Kunsthappening: Das Finale der grandiosen dänischen Familienserie "Die Erbschaft" läuft aus dem Ruder.

Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich. Das oft zitierte Bonmot von Leo Tolstoi taugt auch als Charakterisierung der dänischen Erfolgsserie „Die Erbschaft“. In der finalen dritten Staffel [Arte, Donnerstag, 22 Uhr 25] über die moderne, allzu moderne Patchworkfamilie der Grønnegaards will jeder sich selbst verwirklichen. Koste es, was es wolle.

Diesmal werden die Geschwister Gro (Trine Dyrholm), Emil (Mikkel Boe Følsgaard) und Frederik (Carsten Bjørnlund) in die Projekte einer jungen Künstlergruppe verwickelt, die die Welt retten will.

Die Netzaktivisten haben die Machenschaften eines Bergbaukonzerns im Visier. Sie planen eine Mischung aus militantem Greenpeace-Protest und öffentlichkeitswirksamem Happening. Die Aktion läuft aus dem Ruder. Dabei verunglückt Fredericks Tochter Hannah (Karla Løkke) tödlich. Jeden der Grønnegaard-Geschwister trifft eine nicht geringe Mitschuld, die sich keiner eingestehen will.

Die Kuratorin Gro hat die jungen Künstler finanziert, ohne sich nach deren Projekten zu erkundigen. Traumtänzer Emil, verantwortungslos wie eh und je, fungierte heimlich als Komplize der Aktivisten. Anwalt Frederik, eigentlich der einzige Realist im Kollektiv der Traumtänzer, klinkt sich in die weiteren Aktionen der Künstler ein.

Der trauernde Vater will auf diesem Weg den Wunsch seiner verstorbenen Tochter erfüllen. Im Zentrum dieses heillosen Wirrwarrs lebt ein kleines Kind. Die vierjährige Melodie ist die Schwester von Gro, obwohl sie eigentlich deren Großmutter sein könnte. Der Versuch, für das Mädchen einen geregelten Tagesablauf zu organisieren, führt dazu, dass das Leben auf Grønnegaard wie ein permanenter Kindergeburtstag anmutet.

Jeder ist dabei auf seine eigene Weise unglücklich

Neben Irrungen und Wirrungen einer bohemistischen Gemeinschaft erzählt „Die Erbschaft“ auch von handfesten Dingen. Auf der einen Seite sind die Geschwister Gro, Emil und Frederik finanzieller Sorgen enthoben.

Während die drei sorglos in den Tag hinein leben, muss die bodenständige Signe (Marie Bach Hansen) für Eskapaden ihrer Halbgeschwister den Kopf hinhalten. Als die Künstlergruppe einen Anschlag auf das Trinkwasser verübt, sind Landwirte aus der Umgebung empört. Weil Signe die Aktivisten in ihrer Scheune beherbergt, wird sie zur Rechenschaft gezogen.

Mit dem Klischeebild skandinavischer TV-Produktionen, die überwiegend blutrünstige Krimis mit moralischem Impetus hervorbrachten, hat die Familiensaga nichts zu tun.

„Die Erbschaft“ ist ein launiges Sittengemälde über eine infantil anmutende Wohngemeinschaft, in der jeder um sich selbst kreist und dabei Grenzen überschreitet. Das glänzende Ensemble der Darsteller wird angeführt von Trine Dyrholm als blasierte Künstlerin, die den Tod ihrer Nichte für eine Kunstaktion ausschlachtet. Auf Grønnegaard ist man gnadenlos kreativ. Jeder ist dabei auf seine eigene Weise unglücklich.

Manfred Riepe

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