zum Hauptinhalt

Medien: Die Katrin-Show

Preisgekrönt und profitabel: das Kölner Internetfernsehen „Ehrensenf“

Sechs Quadratmeter sind ganz schön klein für so ein Fernsehstudio. Moderatorin Katrin Bauerfeind ist eingequetscht von ihrem Tisch, Stuhl, den Kulissenwänden und der Studiolampe. Kameramann Rainer Bender im Nebenraum steht mit seiner Kamera im Türrahmen.

Hier im kleinen Ladenlokal im Belgischen Viertel Kölns entsteht Internet-Fernsehen. „Ehrensenf“ heißt die fünfminütige Sendung, die täglich 20 000 Zuschauer erreicht. Den Lead-Award Web-Feature 2006 hat „Ehrensenf“ bereits. Gestern kamen zwei „Grimme-Online-Awards“ hinzu: der für Kultur und Unterhaltung und der Publikumspreis.

Internet-Fernsehen ist für Deutschland neu. Montag bis Freitag produzieren Carola Haase-Sayer und Rainer Bender vom Medienunternehmen „Ravenrocker“ die „Ehrensenf“-Show, die Nutzer kostenlos aus dem Netz herunterladen können. Dann erklingt die Erkennungsmelodie, Buchstaben hüpfen durcheinander, formen das Wort Fernsehen, dann das daraus gebildete Anagramm Ehrensenf. Moderatorin Katrin Bauerfeind erscheint, sie sitzt am Schreibtisch. Ein Bild wie aus einer klassischen Nachrichtensendung, kämpfte Katrin nicht noch mit ihrer Frisur. Es ist klar: Das hier ist Satire.

Die Komik der Sendung lebt vom Text, aber vor allem vom schnellen Sprachspiel und dem schauspielerischen Talent der Moderatorin. Mal kaspert Katrin Bauerfeind herum, schmiert sich Marinade ins Gesicht, dann spricht sie ernst, aber immer akzentuiert. Ein bisschen ist es, als säße ein weiblicher Harald Schmidt hinterm Tisch. Kein Wunder. Bauerfeind und Schmidt haben denselben Gagschreiber: Rainer Bender textete früher für den Late-Night-Talker.

Erst 23 Jahre alt, wirkt Bauerfeind professionell, dabei sammelt sie bei „Ehrensenf“ die ersten Kameraerfahrungen. Fünf Seiten Text lernt sie jeden Tag neben dem Studium auswendig. Für einen Teleprompter ist in dem winzigen Studio kein Platz. Fünf Seiten Kommentare, die Autor Bender wie am Fließband produziert. Die Aufgaben sind klar verteilt: Rainer recherchiert, schreibt und filmt, Katrin trägt vor. Jeder macht, was er am besten kann. So funktionieren erfolgreiche Shows, egal ob im Fernsehen oder Internet.

Die Schnelligkeit, mit der die Sendung zum Erfolg wurde, überraschte aber auch die Produzenten Carola Haase-Sayer und Rainer Bender. Erst im August vergangenen Jahres setzten sich die beiden zusammen, Ende des Jahres ging „Ehrensenf“ auf Sendung. Kennen gelernt hatten sich die beiden zehn Jahre zuvor als Gagschreiber für die „RTL-Wochenshow“. Nun wollten sie ein neues Konzept für eine eigene Fernsehsendung entwickeln.

Was dann entstand, war nicht das bekannte Blogging. Auch kein langweiliges Laien-TV ist „Ehrensenf“, sondern eine professionell gestaltete Sendung von Fernsehmachern mit Erfahrung. Außendrehs und Gastauftritte von Peter Lohmeyer oder Kaya Yanar gehören zum Konzept. Und „Ehrensenf“ ist immer abrufbar, zu jeder Tageszeit und von der ersten bis zur letzten Folge. Das sind die Vorteile des Internet-Fernsehens.

Die Show ist gemacht für Leute, die das Netz nicht nur zur Informationsbeschaffung nutzen, sondern sich darin auch mal treiben lassen, erklärt Haase-Sayer. Viele integrieren „Ehrensenf“ wie eine Lieblingsserie fest in den Tagesablauf, das ist an den Nutzerkommentaren abzulesen. Inzwischen trägt sich die Sendung mit Hilfe von Werbung und der Kooperation mit Spiegel-Online finanziell. Zuvor hatte die Produzentin Haase-Sayer mit ihrem Partner das Projekt privat finanziert. Jetzt könne man darüber nachdenken, das dreiköpfige Team, das von der Recherche bis zum Schnitt alle Aufgaben alleine übernehme, mit bezahlten Kräften zu erweitern. Vielleicht bleibt dann auch endlich Zeit, neue Sendungen zu entwickeln, sagt Haase-Sayer. „Ideen gibt es genug.“

www.ehrensenf.de

Kerstin Leppich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false