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2,77 Millionen Zuschauer verfolgten das Dokudrama "Die Unsichtbaren" mit Alice Dwyer (rechts) als Hanni Lévy und Naomi Kraus als Victoria Kolzer.

© NDR/Looks

"Die Unsichtbaren" im Ersten: Wenig Respekt vor dem Zuschauer

Aufregung um den Abspann: Die ARD zeigt sich bei der Ausstrahlung des Dokudramas "Die Unsichtbaren" von der unsensiblen Seite.

"Die Unsichtbaren", das war eine große Tat der ARD. Das Dokudrama begleitete Hanni Weißenberg (heute: Hanni Lévy) durch ihren Überlebensweg durch Nazi-Berlin. Der zweite Teil des Filmtitels ""Wir wollen leben" gab den Grundton vor: Wie diese Jüdin, wie die Juden mit Hilfe mutiger Berliner Verfolgung, Lebensgefahr, Holocaust überlebten.

Manche Stelle ließ an ein von Menschen gemachtes Wunder glauben. Wer, wie die 2,77 Millionen Zuschauer, in den Film von 20 Uhr 15 bis 22 Uhr eintauchte, der tat sich schwer mit dem Auftauchen, so emotional ergreifend, so berührend waren die 105 Minuten, dieses Manifest von Überlebenswillen, Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit in der Zeit von Hass, Rassismus und Mordlust..

Und doch war es die ARD selbst, die den Hallraum, die Echokammer der "Unsichtbaren" schier zerstört hat. Noch während der Abspann lief, wurde der Zuschauer mit Trailern bombardiert: der Bozen-Krimi am Donnerstag, "Praxis mit Meerblick" am Freitag. Dazwischen Inserts von der Handball-WM-Übertragung am Donnerstag. Man muss kein Gefühlsseelchen sein, um von diesem unsensiblen Verhalten unangenehm berührt zu sein. Erstens würdigt ein kompletter Abspann die Leistung aller, die an einem besonderen Werk beteiligt sind, zweitens brauchte das Publikum nicht nur in diesem Fall Zeit, um sich aus der Beklemmung der "Unsichtbaren" zu lösen.

Es braucht Sensibilität

Welcher Gemütsathlet (vulgo: Programmplaner) in der ARD plant solche Brüche, solche Attacken, solche Eingriffe? Glaubt einer, der Zuschauer würde nicht wissen, dass mit dem Film das ARD-Programm nicht endet, dass am Donnerstag wieder mal ein Krimi, am Freitag mal wieder mal Schmalz-Schmelz und dazwischen Männer gezeigt werden, die einen Ball in ein Tor werfen wollen?

Wie gesagt, Produktion und Programmierung des Films "Die Unsichtbaren - Wir wollen leben" war eine große Tat des Ersten. Nur sollten sie wissen, dass es Fiktion gibt, deren Wirkung und Nachwirkung nicht mit dem letzten Bild endet, darüber hinausgeht, weiter schwingt. Auch das transportiert, ermöglicht der Abspann. Vom Zuschauer wird Aufmerksamkeit und Zuwendung erwartet, da kann der Zuschauer Respekt erwarten. Ist nicht viel verlangt, verlangt nur vom Programmplaner Respekt für das, was er offensichtlich nicht kennt: das eigene Programm.

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