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Die Siedler der Westbank: Daniela hat miterlebt, wie die israelischen Dörfer immer weiter vordrangen.

© Les Films du Poisson et Talis

Doku auf Arte: Bis der Messias kommt – Die Siedler im Westjordanland und ihre Kritiker

„Wir sind es, die hier die Kriege beginnen.“ Eine Arte-Doku hinterfragt die Motivation der jüdischen Siedler im Westjordanland.

Sie haben es nicht gern, wenn man sie „Siedler“ nennt. Denn sie siedeln nicht, sie verwalten das ihnen von Gott verheißene Land und erwarten dort die Ankunft des Messias. Vielleicht kommt er eher, wenn sie noch mehr Land für ihn in Besitz nehmen, meint ein kräftig gebauter Mann mit Schläfenlocken und malerischem weißen Bart. „Und wo sollen die Grenzen liegen?“ fragt der Regisseur zurück. „Am Nil und am Euphrat“, lautet die bündige Antwort.

Religiöse Fanatiker, Männer wie Frauen, sind nicht aufzuhalten, wenn keiner ihr Tun stoppt. „Wir sind der Knochen im Hals der Regierung“, triumphiert eine bereits mit einem Dutzend Enkel gesegnete Frau und schaut stolz auf die genormten Häuser einer Siedlung auf einem Hügel mitten in der lieblichen Landschaft.

Die Regierung kann und will den Knochen nicht herunterschlucken, sondern kaue nur immer wieder an ihm herum. Zuweilen gibt es ein internationales Donnerwetter wie im Jahr 2011, als die US-Regierung den damaligen Ministerpräsidenten Ariel Scharon zwang, die Räumung zweier Siedlungen im Gaza-Streifen anzuordnen. Kurz darauf strömten 150 000 neue Siedler ins Westjordanland.

Ein Kranz sogenannter Außenposten umgibt heute viele Siedlungen, angeblich ohne Genehmigung, in Wahrheit offiziell geduldet und unterstützt. In den 1967 eroberten Gebieten leben mittlerweile mehr als eine halbe Million Israelis, durch moderne Schnellstraßen mit Jerusalem verbunden.

„Sie leben auf meinem Land.“

Der Regisseur Shimon Dotan, 1949 in Rumänien geboren, hat lange genug in Israel gelebt, um die Gefahr zu kennen, die vom „Knochen im Hals der Regierung“ ausgeht. Er kennt diese harte Gesichter und das Leuchten in den Augen, wenn die Alten wie die Jungen sich auf den Talmud berufen: „Wir sind es, die hier die Kriege beginnen.“

Aber es stimmt, dass jeder Krieg, an die der Film mit Archivaufnahmen erinnert, die Grenzen Israels zu seinen Gunsten verschoben hat. Dotan kennt viele Aktivisten der im Land ansässigen Menschenrechtsorganisationen, sogar eine ehemalige stellvertretende Oberstaatsanwältin, deren Einsprüche ungehört verhallten. In dem für Arte produzierten Film bilden sie das Gegengewicht zur schier endlosen Flut von Statements der fundamentalistischen Siedler.

Über den Alltag der Siedler erfahren wir wenig. Da steht eine junge Mutter und verkündet: Ich darf hier leben, weil ich hier lebe. Eroberer brauchen keine Rechtfertigung. Wie viel Sympathie verdient dagegen jener palästinensische Bauer, der in seinem Olivenhain ein paar Schafe hütet und auf einen nahe gelegenen, von Siedlern beherrschten Hügel zeigt: „Sie leben auf meinem Land.“

„Die Siedler der Westbank“, Arte, Dienstag 20 Uhr 15. Und am Mittwoch um 23 Uhr 45 im Ersten.

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