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Inszenierte Doku. Ida Timmer (Sinja Dieks) und Otto Eichhorn (Konstantin Thein) feiern Hochzeit kurz vor Kriegsende.

© SWR/ECO Media TV/Thomas Schuhbau

Doku auf Spurensuche der Nazi-Bewegung: Liebe Eltern, liebe Großeltern

Warum hast du dich denn auf die Nazis eingelassen? Die Dokumentation „Vater, Mutter, Hitler“ im Ersten geht auf Spurensuche.

„Es wird Geschichte geschrieben“, notierte der Lehrer Wilm Hosenfeld 1933 freudig in seinem Tagebuch. Wie Hosenfeld dachten viele, denen „die goldenen Zwanziger“ kein Glück gebracht hatten, vor allem aber die junge Generation, die die Chance sah, gebraucht zu werden. Vier Schicksalen von Millionen Deutschen und Österreichern geht die auf Tagebücher gestützte, teilweise inszenierte Doku nach und stellt dagegen die Fragen der Söhne, Töchter und Enkel.

Bis heute ringt Tajo-Udo Landau um Fassung, wenn er an die Untaten seines Vaters Felix Landau denkt, der in Wien zum Sturmtrupp der Nazi-Bewegung gehörte und im Tagebuch freimütig die von ihm auf Befehl und aus freien Stücken durchgeführten Erschießungen galizischer Juden festhielt. Wie lebt man mit dem Erbe, einem fanatischen Nazi und Mörder sein Leben zu verdanken? Oder wie bewahrt man als Tochter das Bild einer Mutter, die sich geweigert hat, über ihr Mitläufertum auch nur zu sprechen?

Diese Fragen sind es, die dem Film (Regie: Tom Ockers) gedankliche Spannung geben. Neben dem Unhold aus Wien steht der „gute Nazi“ Hosenfeld, der als Besatzungsoffizier in Warschau einzelnen Juden das Leben rettete, darunter dem Pianisten Wladyslaw Szpilman. Roman Polanski hat darüber den Film „Der Pianist“ gedreht. Die Szenen um Hosenfeld gehören zu den anrührenden des Films, die um den Choleriker Landau sind dagegen schrecklich und simpel. Wärme kommt bei beiden Frauengestalten auf. Kokette Torheit kontrastiert hier mit stillem Widerstand an der Seite eines jüdischen Mannes. Doch statt beim Thema zu bleiben, streut die Regie immer wieder Archivbilder zwischen die Lebensläufe. Hitlerreden, Aufmärsche, Pogromnacht – wie oft will man es noch abspulen? Und weshalb glauben die Regisseure (oder die Sender), dass die Szenen einer Doku stets von lauter Musik umspült sein müssen? Hans-Jörg Rother

„Vater, Mutter, Hitler“,

Montag, ARD, 23 Uhr 30

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