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Direkt an den Mann. Donald Trump teilt sich am liebsten via Twitter mit. Da kann auch nicht kritisch nachgefragt werden.

© dpa

Donald Trump und die Medien: Zuckerbrot und Twitter

Der designierte Präsident Donald Trump ist von US-Medien nur schwer zu fassen. Die Vorteile dieses Vorgehens liegen auf der Hand.

Die Medien in den USA müssen sich auf ungemütliche Zeiten unter Präsident Donald Trump einstellen – das Verhältnis zwischen Regierung und Journalisten ändert sich grundlegend: Zum einen will der 70-jährige Populist die traditionelle Torwächter-Rolle und die Kontrollfunktion der Medien aushebeln, indem er wichtige Stellungnahmen über Twitter direkt an die Öffentlichkeit bringt, ohne sich kritischen Fragen stellen zu müssen. Zum anderen benutzt er Zeitungen und Fernsehsender, wenn es ihm geboten erscheint. Die Presse hat noch kein Konzept gefunden, wie sie mit dieser Doppelstrategie umgehen soll.

„Ich denke, die etablierten Medien sind außer sich, weil er eine Gefolgschaft von mehr als 45 Millionen Menschen in den sozialen Medien hat, mit denen er direkt kommunizieren kann“, sagte Trumps künftiger Präsidialamtssprecher Sean Spicer dem Fernsehsender ABC. Wie Spicer auf die Zahl von 45 Millionen kam, ist nicht klar: Trump hat rund 19 Millionen Anhänger auf Twitter und etwa 17 Millionen „Likes“ auf Facebook. Mit solchen Details hielt sich Spicer nicht auf. Trump brauche die großen Medien nicht, um seine Anhänger zu erreichen. Auch nach seinem Amtseid am 20. Januar werde der neue Präsident bei seiner Twitter-Methode bleiben.

Was Spicer als erfrischenden Wandel darstellt, erscheint Kritikern als Angriff auf Transparenz. Trump entzieht sich mit seinen Tweets aus dem Trump Tower oder aus seiner Residenz Mar-a-Lago in Florida der Notwendigkeit, seine Entscheidungen zu erläutern. Er hat seit seinem Triumph im November noch keine formelle Pressekonferenz gegeben; erst am Mittwoch will er sich in New York den Fragen von Reportern stellen.

Hin und wieder wendet sich Trump den etablierten Medien zu

Die Vorteile dieses Vorgehens für Trump liegen auf der Hand. Beispiel Interessenskonflikte: Weniger als zwei Wochen vor seinem Amtseid hat Trump noch nicht darlegen müssen, wie er sein Amt als Präsident von seiner Rolle als Unternehmer trennen will. Beispiel Russland: Trump hat über Twitter mit angeblich exklusivem Hintergrundwissen über die Hacker-Vorwürfe gegen Moskau geprahlt, ohne erklären zu müssen, was er damit meint. Trumps bisherige Kurzbegegnungen mit Reportern sind darauf ausgerichtet, die Botschaften des neuen Präsidenten an den Mann zu bringen, ohne sie durch Nachfragen verwässern zu lassen.

In einem Blogbeitrag für die „Washington Post“ legte der Autor Greg Sargent kürzlich dar, wie die Medien zu Instrumenten von Trumps Propaganda-Maschine werden, obwohl die Tatsachen mitunter auf der Strecke bleiben. Sargent nahm sich eine Äußerung des designierten Staatschefs vor, in der dieser die Rückverlegung von mehreren tausend Arbeitsplätzen amerikanischer Unternehmen aus dem Ausland in die USA als Resultat seiner Intervention anpries. Brav hätten die US-Medien aus der Behauptung Trumps große Schlagzeilen gemacht, schrieb Sargent. Der Leser habe in den Artikeln suchen müssen, um zu erfahren, dass die entsprechenden Ankündigungen schon vor Trumps Stellungnahme bekannt gewesen seien.

Hin und wieder wendet sich Trump den etablierten Medien zu. Er besuchte die „New York Times“, die das Gespräch mit dem Populisten zum großen Thema machte. Nachdem Trump im Wahlkampf den Talkshow-Moderator Joe Scarborough scharf attackiert hatte, traf er sich seit seinem Wahlsieg mehrmals mit dem Fernsehmann, der um ein Interview nach der Amtsübernahme bat.

"Unehrliche Medien"

Trump ist nicht der erste amerikanische Politiker, der sein Spiel mit den Medien spielt. In den 1930er Jahren bat der an Kinderlähmung leidende Franklin D. Roosevelt die Presse darum, keine Fotos von ihm im Rollstuhl zu verbreiten – die Reporter erfüllten seinen Wunsch.

Der scheidende Präsident Barack Obama, der im direkten Vergleich mit Trump als sehr medienfreundlich erscheint, musste sich vor drei Jahren den Vorwurf der renommierten „Columbia Journalism Review“ anhören, er drücke sich mit nichts sagenden Antworten bei Pressekonferenzen um substanzielle Aussagen herum.

Auch Trump spielt sein Spiel weiter. Am Donnerstag beklagte er auf Twitter, die „unehrlichen Medien“ hätten seine abfälligen Äußerungen über die amerikanischen Geheimdienste und sein Lob für Wikileaks-Gründer Julian Assange verzerrt. Anders als von Medien dargestellt, sei er ein „großer Fan“ der Geheimdienste; dass er die US-Dienste vor wenigen Tagen auf Twitter kritisiert hatte, erwähnte er nicht. Einen Politiker dazu zu bringen, sich Nachfragen zu seinen widersprüchlichen Aussagen zu stellen, ist auf Twitter nun einmal unmöglich.

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