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Katy Karrenbauer, die ewige Zweitplatzierte, herzt den späteren Sieger.

© RTL

Dschungelcamp XVI: Dandys schlagen Darwinisten

Es ist überstanden. Peer Kusmagk, der Außenseiter mit Hut, ist der neue Dschungelkönig. Jetzt schließt das Camp wieder – das Finale verriet viel über die Zuschauer der Sendung.

Es ist überstanden. Für die Kandidaten, die in den vergangenen zwei Wochen im Mist baden, die Kritiker, die sich eben jenen anschauen mussten und auch die Kakerlaken, die nun endlich wieder krabbeln dürfen, wohin sie wollen, ohne über mit Eierpampe verklebte Menschenleiber gescheucht zu werden. Die Sendung „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ hat ein Ende: Peer Kusmagk wurde in der Nacht zu Sonntag zum neuen Dschungelkönig gekrönt. Die verbleibenden zwei Finalisten, der aalglatte Schwimmer Thomas Rupprath und die Schauspielerin Katy Karrenbauer mussten sich mit Bronze beziehungsweise Silber begnügen.

Nun geht es für die Kandidaten von Australien zurück ins Abendland, das aufatmen darf, den von RTL bereits zum fünften Mal geführten Angriff auf die Grenzen von Moral, Geschmack und Würde erneut überlebt zu haben. Über die Spätschäden sprechen wir ein andermal.

Der Titelgewinn war allerdings hart erkauft. Für die Krone hatte sich Kusmagk zwei Wochen lang öffentlichen Demütigungen aussetzen müssen, um sich gegen Konkurrenten wie den Schauspieler Mathieu Carrière, den Ex-Kommunarden Rainer Langhans, die Model-Zicke Sarah Knappik, das im Pool planschende Pseudopärchen Jay Khan und Indira sowie den Rest der insgesamt elf semiprominenten Kandidaten durchzusetzen. Gemeinsam mit seinen beiden Mitfinalisten hatte er das zweifelhafte Glück, bis zum bitteren Ende im australischen Urwald vor laufenden Kameras vorgeführt, von den Zuschauern begafft und von den zynischen Kommentaren der Moderatoren Dirk Bach und Sonja Zietlow bloßgestellt zu werden. Selbst Karrenbauers Geständnis von einem Selbstmordversuch und Jays Zusammenbruch nach dem Auszug bildete die Vorlage für gehässige Witzchen. Die Kandidaten erduldeten es mit dem Trotz der Geprügelten. „Jetzt habe ich so lange durchgehalten, jetzt will ich auch bis zum Ende dabei sein“, hieß es oft.

In der letzten Folge machte es RTL seinen Dschungelbewohnern nicht leicht und trieb sie durch einen Parcour, der selbst Rekruten der Gorch Fock weh getan hätte. Katy Karrenbauer beispielsweise wurden in ihrer finalen Prüfung ein Hirschpenis, lebendige Sandwürmer, Schafshirn und gegorenes Entenei vorgesetzt, die die Schauspielerin auch alle tapfer probierte. Nur letzteres erbrach sie in die Botanik. Thomas Rupprath wurde nochmal auf Tuchfühlung mit Aalen, Spinnen, Kakerlaken und kübelweise Schleim geschickt. Peer Kusmagk, der zu seiner Prüfung mit Hut und selbstgebastelter Fliege erschien, wurde hingegen fünf Minuten lang in einer Holzkiste begraben – gemeinsam mit Ratten.

Dass sich ausgerechnet diese drei Kandidaten durchgesetzt haben, verrät einiges darüber, wer sich diese Sendung eigentlich angeschaut hat. Und das waren ja nicht wenige, im Durchschnitt 7,5 Millionen. Am 24. Januar waren es sogar 8,62 Millionen. Das war der Tag, als Sarah Knappik das Handtuch warf, nachdem das Camp sie wegen mutmaßlicher Intrigen, Vernachlässigung ihrer Aufgaben – und weil jede Gruppe nun mal einen Buhmann braucht – verstoßen hatte. 8,62 Millionen! Es gibt eine Menge Staaten, die haben weniger Einwohner als das Dschungelcamp Zuschauer.

Zurück zu den Kandidaten und dem, was mit ihnen zur Wahl stand. Was alle Zuschauer eint, die mit ihren 50-Cent-teuren Anrufen über das Verbleiben der Kandidaten im Camp entscheiden durften, ist die Lust am Spektakel. Der Song „Die Leude woll’n, dass was passiert“ war sinnigerweise Teil des Soundtracks. Darüber hinaus aber gehen die Motive gehörig auseinander. Denn gemein hatten die drei Archetypen „gerupftes Huhn“ (Katy), „sauberer Sportsmann“ (Thomas) und „berufsjugendlicher Yuppie“ (Peer) wenig.

Thomas’ Anhänger begriffen die Dschungelprüfung als sportlichen Wettkampf, in dem sich der Fitteste und Stärkste durchsetzt. Sie waren die Darwinisten unter den Zuschauern. Wer verliert, verdient zu verlieren, und wenn es hart kommt, beißt man eben die Zähne zusammen. Dabei aber immer schön sauber bleiben. Wer für Thomas anrief, marschiert im Zweifelsfall auch ohne Zehen auf den Nanga Parbat.

Peers Fan hingegen war der Dandy, der in dem Camp trotz aller Widerlichkeiten nur ein Spiel sieht, nicht mehr, nicht weniger. L’ekel pour l’art, sozusagen. Oberflächlich? Ja, aber wenigstens harmlos – und letztendlich auch erfolgreich.

Bleiben die Anhänger Katys, der verlebten, geschundenen und kürzlich von ihrem Freund verlassenen Schauspielerin, die als Favoritin in den Dschungel zog. Mit dem Geld, das es zu gewinnen gab, wollte sie einen Teil ihrer horrenden Schulden begleichen. Ihre Anhänger sind die Katholiken unter den Zuschauern. Ihr Credo: Der Weg ins Paradies ist hart und steinig, und wer Erlösung will, muss leiden. Die ihr auferlegten Ekelqualen wären der Preis für das Glück.

Ein fraglos verschrobene Sichtweise, und trotzdem wäre Katys Sieg die einzige Art und Weise gewesen, dem menschenverachtenden Murks noch ein wenig Würde zu verleihen. Gott schütze den König.

Nur Schade, dass der Herrscher kein absolutistischer ist. Die nächste Wahl bleibt uns folglich wohl nicht erspart.

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