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Medien: Ein Belgier kommt, ein Schweizer geht

Der Saban-Vertraute Guillaume de Posch folgt Urs Rohner als Vorstandsvorsitzender von ProSiebenSat 1

Die „Schweizer-Dichte“ bei der ProSiebenSat1 Media AG sinkt dramatisch. Während Roger Schawinski in Berlin Chef des Senders Sat 1 ist und bleibt, verlässt Vorstandschef Urs Rohner das Unternehmen Richtung Schweiz. Der 44-jährige Rohner habe sich entschieden, Ende April auszuscheiden und zu einem schweizerischen Großkonzern zu wechseln, teilte ProSiebenSat 1 am Dienstag mit. Nachfolger Rohners als Vorstandsvorsitzender wird der Belgier Guillaume de Posch, bislang Vorstandsmitglied für betriebliche Angelegenheiten. Der 46-jährige Belgier gilt, seitdem der US-Investor Haim Saban Deutschlands größten Fernsehkonzern übernommen hat, als dessen Hand und hat, im Hintergrund agierend, seinen Einfluss stets erweitern können. Seit September 2003 hat er das operative Geschäft geleitet, damit gab es de facto eine Doppelspitze in der Unternehmensführung. Dieses Spiel war für Rohner nicht zu gewinnen. Zwar konnte er Ende 2003 seinen Intimfeind, den Sat-1-Chef Martin Hoffmann, aus dem Sender drängen. Zugleich musste er miterleben, wie Posch erst in Berlin und dann in der Münchner Konzernzentrale die Macht übernahm.

Urs Rohner, von Hause aus ein branchenfremder Jurist, hatte im Februar 2000 von Georg Kofler den Posten des Vorstandschefs von Pro7 übernommen. Unter seiner Ägide wurden Pro7 und Sat 1 fusioniert. Im September 2003 war Rohners Vertrag vom neuen Eigentümer der Gruppe, Haim Saban, vorzeitig um zwei Jahre bis Ende 2006 verlängert worden. Saban begründete dies damit, dass Rohner bei der weiteren Konsolidierung des Unternehmens mit den vier Sendern Sat 1, Pro 7, Kabel 1 und N 24 sein uneingeschränktes Vertrauen genieße. 2003 wurde der Gewinn der Gruppe verdreifacht. Saban bedauerte den Weggang Rohners („bitter-süß“), verhindern wollte er ihn nicht.

Auf den Juristen folgt der Fernsehmann Posch. Er arbeitete für die CLT (heute: RTL Group). Seit 1997 war er stellvertretender Geschäftsführer und Programmverantwortlicher des Pay-TV-Unternehmens TPS in Frankreich. Posch „hat den Ruf, die Ziele, die er vorgibt, auch klar umzusetzen“, heißt es im Unternehmen. Mag es an den noch geringen Deutsch-Kenntnissen oder an der kühlen Art des Belgiers liegen, „intern hat man Respekt vor ihm, vielleicht sogar ein bisschen Furcht.“ Mit Posch liegen neue alte Fragen auf dem Tisch: Wird der Konzern beide Standorte, Berlin und München, behalten? Konkurrent RTL lässt gerade den Newssender n-tv von Berlin zur Zentrale in Köln umziehen. Saban erwartet von Posch, dass ProSiebenSat 1 noch stärker von den Vorteilen als Sendergruppe profitiere. Der Amerikaner will über einen Einstieg ins Pay-TV, möglicherweise bei Premiere weiter nachdenken. Beim Abo-Fernsehen kennt sich Posch bestens aus. Verringerte Kosten und höhere Gewinne müssen zudem sein, wenn die Euphorie der Börse – der Kurs legte kräftig zu – gerechtfertigt sein soll.

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