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Medien: Ein Solo für Silvio Berlusconi

Protest um selbstinszenierten Live-Auftritt in der RAI-Sportschau

Silvio Berlusconi beherrscht das Fernsehen: Nicht nur, dass drei Kanäle in Italien ihm gehören und dass er mit der öffentlich-rechtlichen Anstalt RAI umspringt, wie es ihm beliebt. Nein, er kennt auch die inneren Gesetze dieses Mediums in- und auswendig. Er weiß, wann und wie er aufzutreten hat, um größtmögliche Wirkung zu erzielen – oder den gerade passenden Skandal.

So hat er sich am Sonntag von der Sportschau im zweiten Programm der RAI anrufen lassen, kurz vor Mitternacht zwar, aber mit einer Zuschauerzahl von mehr als zwei Millionen. Eigentlich dürfen Italiens Politiker in keiner Unterhaltungssendung auftreten, aber Berlusconi ist ja auch Eigentümer und Präsident des Fußballclubs AC Mailand, und als solcher hat er die Gelegenheit zu einem 17-minütigen Monolog über seine „Fußballphilosophie“ genutzt. Live. Ratschläge an den Trainer: „Mehr riskieren!“, „Immer mit zwei Sturmspitzen – oder Koffer packen!“

Ein Studiogast merkte während der Sendung an, da habe wohl der Politiker Berlusconi eine Rede zur Selbstdarstellung gehalten; Berlusconi konterte: „Ihnen würde es wohl gefallen, wenn der Regierungschef solche Gelegenheiten nicht nützen würde?“ Und nur eine Werbepause später ist Lucia Annunziata in der Leitung, die Chefin der RAI: In geradezu atemberaubender Direktheit („Ich garantiere hier die Spielregeln“) verbietet sie es dem Regierungschef, „Sendeplätze zu besetzen, die nicht der Politik gehören“: „Presidente, lassen Sie die RAI in Ruhe!“

Die Folge: ein Orkan. Er spaltet die RAI. Während sich unter den führenden Fernsehleuten der kleinere Teil auf Annunziatas Seite schlägt, werfen sich die meisten für Berlusconi und Sportchef Fabrizio Maffei in die Bresche. „Eine journalistische Spitzenleistung“, lobt Clemente Mimun. Er muss es wissen, er leitet die TV-Nachrichten im ersten, recht regierungstreuen Programm. Maffei gratuliert sich selbst dazu, dass Berlusconi die Stellungnahme in der RAI abgegeben hat und nicht in seinen eigenen Fernsehkanälen. Einige werfen ein, die Präsidenten anderer Fußballklubs würden ja auch zu ihren Mannschaften interviewt, und schließlich habe Berlusconi „ausschließlich über Sport gesprochen“: „Der einzige, der Politik gemacht hat, war die Annunziata.“

Die Opposition sagt, Berlusconi sei nun endgültig größenwahnsinnig geworden. Andere fürchten, im angelaufenen Wahlkampf für das Europaparlament, für das der Regierungschef höchstpersönlich kandidiert, würden sie jetzt keinen Tag vor Berlusconi verschont bleiben. Nächster Auftritt: Das Schlagerfestival von San Remo. Schließlich hat Berlusconi erst kürzlich eine selbst besungene CD herausgebracht.

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