zum Hauptinhalt
Recherche in Big Apple. Weil er ihre Mutter persönlich kannte, reist Anwalt Joachim Vernau (Jan Josef Liefers) sogar nach New York, um der verzweifelten Rachel bei der Suche nach ihrem biologischen Vater zu helfen.

© ZDF und Stefan Falke

Elisabeth-Herrmann-Krimi im ZDF: Alles Ende hat einen Anfang

Ein „Totengebet“ in Boston und New York: Joachim Vernau fahndet in den USA. Überzeugender Krimi mit Jan Josef Liefers

Joachim Vernau (Jan Josef Liefers) holt seine Vergangenheit ein in Gestalt von Rachel Cohen (Mercedes Müller), die möglicherweise seine Tochter ist. Rachel sucht nämlich nach dem Tod ihres Stiefvaters ihren leiblichen Vater. Der könnte in Berlin leben. Joachim Vernau und Rachel Cohen machen sich gemeinsam auf die Suche, zunächst gehen sie in die Synagoge zu Rudolf Scholl-Weissenborn (Gustav Peter Wöhler). Der wird noch am selben Abend ermordet, Rachel verschwindet – wie sich herausstellt, in die USA.

Also muss Joachim Vernau auch dorthin, wo alles begonnen hat. In Boston, wo er studiert hat, wo er mit seiner Clique gelernt und gefeiert hat, in deren femininem Zentrum Rebecca Cohen (Claudia Michelsen) gestanden hatte. Eine magnetische Frau, begehrt und begehrenswert, wer dann mit wem, das klärte sich nie so ganz auf. Vernau jedenfalls ging nach Berlin zurück, er wird zu seinem Freund Michael Mike Collins (Thomas Heinze), einem erfolgreichen Juraprofessor in Boston, später sagen, seines kranken Vaters wegen. Collins wird erwidern, dass das nicht stimme. Krimiautorin Elisabeth Herrmann wird die Figur des Joachim Vernau noch weiter kapitalisieren können. Jetzt erst mal im Roman „Totengebet“, dem die ZDF-Verfilmung in gröberen Zügen folgt.

Schon der Schauplatz ist ein anderer, er ist nicht Tel Aviv, sondern Boston und New York.

New-York-Szenen sind die besten

Die New-York-Szenen gehören zu den besten des Krimis. Stimmung des Ortes und Stimmungen der Personen vibrieren miteinander. Da bekommt die verwirrte, verwirrende Geschichte einen schwingenden Unterboden. Verzeihlich dann auch die leicht absurde und vielleicht ungewollt absurd erzählte Beziehung zwischen Vernaus Mutter Hildegard (Elisabeth Schwarz) und Jazzmusiker Georg, den Friedrich Lichtenstein sehr gut als Friedrich Lichtenstein spielt. Auch die Anwaltspartnerin Marie-Louise Hoffmann (Stefanie Stappenbeck) hat nur unwesentliche Aufsager-Szenen. Es gibt in diesem ansonsten sorgfältigen wie ambitionierten Film einige Wisch-und-weg-Momente. Sie sind zu beklagen, schwer wiegen sie nicht. Und es zeigt, dass nach dem Tod des „Joachim-Vernau-Fernseherfinders“ Carlo Rola sich ein neues Team rund um Jan Josef Liefers zusammengefunden hat, das die Reihe weiter nach vorne bringen will.

Vernau ist erwachsen geworden

„Totengebet“ ist eine Joachim-Vernau-in-Amerika-Story. Figuren und Orte fließen gleichberechtigt zusammen und erzeugen die Welt dieses Film. Weil Ralf Noack die Bilder findet, die über die Detektivgeschichte hinaus in Vernaus Gemüt schauen, weil Regisseur Josef Rusnak die US-Tour von Vernau zu dessen emotionaler Reise macht, das Bekannte tritt neben das Fremde, Menschen, die einmal Freunde waren, müssen neu entdeckt werden. Die Zeit ist nicht stehen geblieben, die (vermeintlichen) Freunde sind es auch nicht, Joachim Vernau ist erwachsen geworden. Der Liefers war das immer schon. Und so bekommt der Vernau einen neuen Reifegrad, die Introspektion tritt hinzu. Produktion und Sender sind klug und ehrgeizig genug, einen veritablen Cast zu versammeln, der Jan Josef Liefers Paroli bieten kann. Mercedes Müller, mehr noch Thomas Heinze und Claudia Michelsen sind von diesem Gewicht, dass ihre Figuren im kriminellen und nicht nur kriminellen Mobile das Übergewicht des Anwalts austarieren können. Vergessen damit auch, dass manch amerikanische Szene mehr deutsch-amerikanisch geraten ist. Der New Yorker Detective Lankster (Tyron Ricketts) spricht perfekt deutsch, ein anderer redet nur englisch. Nichts von Belang im Angesicht des Gesamtresultats: Die Figur Joachim Vernau funktioniert als Krimiverfilmung und sie würde auch ohne Romanvorlage funktionieren.

„Totengebet“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false