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Wie ein Mann: In den übereinandergelegten Elfmeterschüssen der deutschen Mannschaft weiß Gianluigi Buffon nicht mehr, wohin er sich schmeißen soll.

© Facebook

Update

EM-Elfer-Collage: Uefa rechtfertigt Löschung des Internet-Videos

Das kleine Webvideo von den übereinander gelegten Elferschüssen beim EM-Spiel gegen Italien ist inzwischen bei Youtube, Twitter und Facebook nahezu komplett gelöscht worden. Die Uefa rechtfertigt ihr Vorgehen. Dabei gibt es eine Ausnahme.

Der lange Arm der Uefa reicht weit. Wie weit, das erfährt in diesen Tagen der Webkünstler Kurt Prödel. Zuerst wurde seine Video-Collage aller deutschen Elfmeterschüsse auf das Tor von Gianluigi Buffon beim EM-Viertelfinale gegen Italien zum großen Interneterfolg, um dann für den Kölner zum Bumerang zu werden. Nacheinander wurden die Videos auf Youtube, Twitter und Facebook entfernt. "Das Entfernen von Videos von Personen, die dazu nicht die Rechte besitzen, auf unterschiedlichen Plattformen ist Teil der Anti-Piraterie-Anstrengungen, die dazu dienen, die Exklusivität der Sender-Partner und der damit verbundenen Investitionen in den europäischen Fußball zu schützen. Dieses Video wurde im Rahmen dieser Politik entfernt", bestätigte die Uefa auf Anfrage des Tagesspiegel.

Der europäische Fußball-Dachverband hatte sich bei den sozialen Netzwerken über die nach seiner Meinung vorliegende Urheberrechtsverletzung durch das zwölf Sekunden lange Video beschwert. Twitter entfernte nicht nur das Video, auch Prödels Twitter-Account war kurze Zeit später nicht mehr zu erreichen. „Kein Kommentar dazu“, erklärte das Netzwerk auf Anfrage mit Verweis auf die geltende Urheberrechtspolitik des Unternehmens. Zudem verwies Twitter auf seinen Transparenzbericht zu Meldungen über Copyright-Verstöße. Demnach gingen allein im zweiten Halbjahr 2015 über 35 000 Beschwerden ein.

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Die Google-Tochter Youtube wollte zum aktuellen Fall keinen Kommentar abgeben, man äußere sich nicht zu einzelnen Videos. Große Institutionen wie die Uefa können bei Youtube allerdings auf die so genannte Content-ID-Technik zurückgreifen. Dabei wird von dem geschützten Video-Material eine Art Fingerabdruck erstellt, so dass selbst von der Seite abgefilmte oder gespiegelte TV-Szenen erkannt werden. Facebook verwendet eine ähnliche Technik mit Namen Rights-Manager. Dort befinden sich an Stelle des Videos leere schwarze Rechtecke.

Juristisch ist die Haltung der Uefa in der Causa Video-Collage kein Selbstläufer, meint der Düsseldorfer Rechtsanwalt Michael Terhaag, der sich auf das IT-Recht spezialisiert hat. Mit juristischen Auseinandersetzungen um Collagen, Videokunst und Webdesign-Kopien hat er häufiger zu tun.

Juristisch ist der Fall nicht eindeutig

Die Collage von Kurt Prödel muss aus verschiedenen juristischen Perspektiven betrachtet werden, sagte Michael Terhaag dem Tagesspiegel. Da ist zum einen das Zitatrecht, das zum Beispiel dann greift, wenn in einem Artikel eine kurze Passage eines anderen Werkes zitiert wird. Allerdings muss mit dem Artikel eine eigene Leistung oder eine eigenen Bewertung einhergehen. Das sei jedoch bei Prödels Video nicht ersichtlich. Auch das Konstrukt der Privatkopie greift in diesem Fall nicht, so Terhaag, da der Zusammenschnitt der Elfmeterschüsse im vorliegenden Fall via Youtube, Twitter und Facebook öffentlich erfolgte. Auch dass Prödel in dem Video seinen Namen und mehrere Internetadressen einblendet und damit für sich und seine Arbeit wirbt, passe nicht zur Privatkopie.

Keinesfalls eindeutig wird die Betrachtung jedoch mit Blick auf die Kunstfreiheit, also wenn durch dadurch wiederum ein eigenes Werk geschaffen wird. Die Frage dabei ist, ob die dafür nötige Schöpfungshöhe in diesem Fall ausreicht und ob es sich wirklich um mehr handelt als um eine handwerklich gut ausgeführte Fleißarbeit. Andy Warhols Collagen mit Tomantensuppendosen gelten als Kunstwerk, auch wenn dabei die markenrechtlich geschützten Etiketten der Firma Campbells dupliziert wurden.

Ganz auf die nette Video-Collage verzichten muss man dennoch nicht. Prödel hat auf seiner Facebook-Seite den Bericht des ZDF-Morgenmagazins von Montag über sein Video eingestellt. Darin wird der 12-Sekunden-Clip ebenfalls gezeigt – und dass ARD und ZDF diese Bilder übertragen dürfen, daran besteht sicherlich kein Zweifel.

ARD und ZDF sind in der Verwendung frei

ZDF-Sprecher Thomas Hagedorn sagte dem Tagesspiegel, „ARD und ZDF dürfen das Weltbild-Signal der Uefa so verwenden, wie sie es für eine umfassende Berichterstattung notwendig ist – also auch in Kombination mit eigenproduziertem Material“. Es gebe keine Einschränkungen, sagte auch WDR-Sprecherin Kristina Bausch.

Nach anfänglicher Kritik am Uefa-Weltbild – so wurden die Fankrawalle beim Spiel England gegen Russland „übersehen“ – sei es zu einem konstruktiven Dialog zwischen den Sendern und der Uefa über das „ganze Bild“ gekommen. Seitdem wird auch das gezeigt, was nicht in den Rahmen eines Friede-Freude-Eierkuchens-Turnier passt.

Zugleich, so berichten es ARD und ZDF, hätten die öffentlich-rechtlichen Sender den Einsatz eigener Live-Kameras in den EM-Arenen verstärkt und verstärken können. WDR-Sprecherin Bausch sagte, „wie bei früheren Turnieren dürfen wir uneingeschränkt im Stadion drehen, mit Teams oder Ü-Wagen“. Und für den Fall, dass das Erste aus Kostengründen nicht mit dem Ü-Wagen vertreten sei, habe die Uefa zwischenzeitlich zugesagt, „uns entsprechende Bilder so schnell wie möglich anzubieten. Die Entscheidung, ob wir sie senden, liegt dann bei uns.“

Kurt Prödel bestreitet, mit dem Video auf Eigenwerbung ausgewesen zu sein. „Es war für mich einfach ein interessanter kleines Webclip, den ich mit meiner Followerschaft teilen wollte“, erklärte er dem Tagesspiegel.

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