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Medien: Ende der Schnarchzeit

Appell an die Verleger: Neue Zeitungen für die Jugend

Es kommt nicht oft vor, dass bei Podiumsdiskussionen klare Worte fallen. Redet ein Gast mal Tacheles, kann er aber sicher gehen, häufiger eingeladen zu werden. So wie „FAZ“-Herausgeber Günther Nonnenmacher, der Zeitungsverleger einmal als „Schnarcher“ bezeichnete. Am Dienstag, beim Kongress der Zeitungsverleger in Bonn, saß er wieder auf dem Podium. Anstatt die Hände in den Schoß zu legen, müsste es doch möglich sein, dass sich die Verleger zusammentun und für die Zeitung als Statussymbol und Navigationsinstrument im Dickicht der Nachrichten werben, sagte Nonnenmacher. Er begrüßte die Versuche von Holtzbrinck und Springer, mit neuen Formaten und Themenmischungen junge Nicht-Leser für die Zeitung zu gewinnen.

Mit dem Tabloid als neuem Format versucht es einerseits die Verlagsgruppe Holtzbrinck, zu der auch der Tagesspiegel gehört, mit „20 Cent“ in der Lausitz und „News“ in Frankfurt/Main. Auf der anderen Seite versucht es die Axel Springer AG mit „Welt Kompakt“, die von Berlin aus bundesweit eingeführt werden soll. Beide Verlage nutzen zwar wie das Londoner Vorbild „Independent“ das Tabloid-Format, verfolgen jedoch andere Ansätze. Sie wollen nicht die etablierten Zeitungen ersetzen, sie wollen jungen Nicht-Lesern ein passendes Konzept anbieten.

So dementiert Chefredakteur Jan-Eric Peters standhaft die Spekulation, „Welt Kompakt“ könnte irgendwann einmal die große, defizitäre „Welt“ ersetzen. Dem Vernehmen nach wurde in der Vergangenheit verlagsintern mit dem Gedanken gespielt, die tägliche „Welt“ durch „Welt Kompakt“ zu ersetzen und die große „Welt“ nur noch donnerstags, parallel zur „Zeit“ erscheinen zu lassen. Tatsächlich geplant ist, die Auflagen von „Welt“ und „Welt Kompakt“ von 2005 gemeinsam zu melden, kündigte der Chefredakteur der beiden Springer-Blätter am Dienstag an. Er verspricht sich davon eine zehnprozentige Auflagensteigerung.

Im Gegensatz dazu baut Holtzbrinck mit „News“ gerade eine komplett neue Zeitungsmarke auf. „News“ ist Teil einer Strategie, die Holtzbrinck-Manager Michael Grabner „Restmarktausschöpfung“ nennt. Er ist überzeugt davon, dass es im Zeitungsmarkt Lücken gibt. Etablierte Blätter hätten ein Problem mit dem hohen Durchschnittsalter ihrer Leser. Zudem würden sie als zu teuer, umständlich und groß, langsam, übergewichtig und starr kritisiert. Mit jungen, flexiblen und kleinformatigen Blättern könnte man folglich neue Angebote schaffen. Es dürfe nicht sein, dass sich die Medienmacher über die Jugendlichen empören, was denen einfalle, keine Zeitung zu lesen. „Entweder die Zeitungen bleiben, wie sie sind, dann müssen wir die Jugend ändern. Oder wir machen die Zeitungen so, dass sie von der Jugend gelesen werden“.

Zudem riet Grabner den Verlegern, sich an anderen Branchen zu orientieren. Während zum Beispiel alle paar Jahre neue Automodelle entwickelt würden und der Lebenszyklus einer Marke durch die Einführung dazu passender Produkte verlängert werde, habe es in der Nachkriegszeit mit der „taz“ und der „Financial Times Deutschland“ nur zwei Neugründungen gegeben.

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