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"Bild"-Mann Nikolaus Blome wird das Hauptstadtbüro des "Spiegel" leiten, aber nicht als Vize-Chef des Magazin, sondern als Mitglied von dessen Chefredaktion.

© dpa

Update

Ende einer Titel-Geschichte: Blome wird nicht "Spiegel"-Vize

Die Zerreißprobe beim "Spiegel" scheint beendet, Wolfgang Büchners Start beim Nachrichtenmagazin gerettet. "Bild"-Mann Nikolaus Blome kommt, aber nicht als Vize-Chefredakteur. Sein künftiger Titel lautet Mitglied der Chefredaktion. Für Franziska Augstein ein Skandal.

Das Ultimatum hielt zwei Tage. Bis Mittwoch sollte sich die mächtige Mitarbeiter KG des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ mit der Berufung des derzeitigen „Bild“-Vizechefs Nikolaus Blome in gleicher Funktion an der Eriucusspitze einverstanden erklären, hatte der neue „Spiegel“-Chefredakteur Wolfgang Büchner am Montag bei seinem Antrittsbesuch in Hamburg gefordert. Nun hat Büchner selbst die 48 Stunden genutzt, um einen Kompromissvorschlag vorzubereiten: Demnach wird Blome den Titel Vize-Chefredakteur nicht erhalten. Vielmehr soll er nun nur noch als Mitglied der Chefredaktion zum "Spiegel" kommen. Die Entscheidung sei am Mittwoch von Büchner in Abstimmung mit Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe und mit Zustimmung aller Gesellschafter getroffen worden, bestätigte eine Verlagssprecherin auf Anfrage. Von der Verlagsführung wird dies als deutliches Signal gewertet, „dass Büchner und Blome nun zusammen mit der Redaktion und den Ressortleitern die Zukunft des Magazins gestalten werden“.

Die Miteigentümerin des „Spiegel“, Franziska Augstein, hat den Wechsel von Blome zum Nachrichtenmagazin als Skandal bezeichnet. „Die Entscheidung der ,Spiegel‘-Gesellschafter, an dem Springer-Mann Nikolaus Blome festzuhalten, ist eine Katastrophe. Anlässlich dieses Skandals erlaube ich mir, auf meinen Vater Rudolf Augstein zu verweisen: Er hätte diese Personalie niemals durchgehen lassen“, teilte sie in einer Erklärung an dpa mit. „Herr Blome steht für all das, wogegen der Spiegel seit seinem Bestehen eingetreten ist“, schreibt die 48-Jährige in ihrer Erklärung. Ihr Halbbruder Jakob Augstein, der für die „Spiegel“-Erben spricht, hatte sich für Blome ausgesprochen.

Wolfgang Büchner, der offiziell erst in der nächsten Woche sein Amt als „Spiegel“-Chefredakteur antritt, hatte mit dem Kompromiss erneut ein Stück zurückrudern müssen. Blome sei als Leiter des Hauptstadtbüros nur in Berlin weisungsbefugt, hatte Büchner in der Redaktionskonferenz am Montag erklärt und damit Blomes künftigen Einfluss kräftig beschnitten. Nun rutscht der umstrittene Journalist in der Hierarchie unter die Vize-Chefs Klaus Brinkbäumer und Martin Doerry.

Der Widerstand gegen Blome war immens

Der Widerstand gegen den ungeliebten „Bild“-Mann unter den „Spiegel“-Redakteuren, das hatte sich am Montag gezeigt, war immens. Die Ressortleiter des Magazins hatten sich unisono gegen den 49-jährigen Journalisten gestellt. Blome wurde unter anderem vorgehalten, bei „Bild“ an der Story über einen entführten „Spiegel“-Mitarbeiter beteiligt gewesen zu sein. Auch die verharmlosende Haltung der „Bild“-Zeitung zur NSA-Affäre wurde Blome angelastet. Der jetzt gefundene Kompromiss mag inhaltlich nur einen graduellen Unterschied ausmachen, er beendet aber möglicherweise eine der schwersten innerredaktionellen Krisen des „Spiegel“. Der ohne Not erzwungene Machtkampf Büchners mit der „Spiegel“-Redaktion verdeckt indes die Sicht auf andere Probleme des Nachrichtenmagazins. Rund 879 000 Exemplare verkaufte der „Spiegel“ monatlich durchschnittlich im zweiten Quartal 2013, ein Minus von rund drei Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonders eingebrochen sind die Kioskverkäufe mit einem Minus von sieben Prozent bei 277 000 Stück. Auf Büchner warten zudem noch andere Probleme. Er soll den Graben zwischen dem gedruckten „Spiegel“ und Spiegel Online zuschütten. Der zeigte sich zuletzt auch darin, dass die Onliner in der Diskussion um Blome in der Mitarbeiter KG ohne Stimmrecht waren. An Diskrepanzen über den künftigen Kurs von Print und Online waren die „Spiegel“-Chefredakteure Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo gescheitert.

Spiegel TV schließt Studiostandort Berlin

Aus schwierigen Fahrwasser kommt aber auch die Produktionsfirma Spiegel TV nicht heraus. Bis Ende des Jahres wird die Verlagstochter ihren Berliner Studiostandort schließen. Das Studio am Pariser Platz wurde zuletzt nur noch für externe Produktionen wie die ZDF-Talksendung von Peter Hahne oder die „Phoenix- Runde“ genutzt. Als redaktioneller Standort bleibe Berlin für Spiegel TV erhalten. Die sechs Mitarbeiter der Redaktion arbeiten aber künftig aus den Berliner Räumen von Spiegel Online.

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