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Medien: Entweder online oder gar nicht

Studie: Zeitungen müssen im Internet Stellenbörsen schaffen

In der Krise sind sie mittlerweile alle. Wann der Abwärtstrend stoppt, weiß keiner, und ob es den Zeitungen nach der Krise wieder so gut geht wie vorher, glauben immer weniger. Vorschläge, wie mit weniger Geld trotzdem gute Tageszeitungen gemacht werden können, gibt es kaum. Ein paar wurden am Mittwoch beim „Handelsblatt-Zukunftsforum“ in Berlin diskutiert. Dort plädierte WAZ-Manager Bodo Hombach für verlagsübergreifende Kooperationen, und Michael Grabner, Manager der Holtzbrinck-Gruppe, zu der auch der Tagesspiegel gehört, plädierte außerdem für offene Diskussionen über die Neuorganisation von Redaktionen und neue Ansätze im Rubrikenmarkt. Es gehe heute darum, das Medium Zeitung an die sich verändernden Gegebenheiten anzupassen. Verlage sollten sich zum Ziel setzen, eine Medienplattform zu werden; das Internet sei eine Bereicherung und keine Bedrohung.

Einige Straßenzüge weiter stellte die Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin eine Studie der Universität Sankt Gallen vor. Wie ernst es um die überregionalen Zeitungen steht, dokumentierte die Studie mit diesen Zahlen:In guten Zeiten habe die „FAZ“ allein aus Stellenanzeigen deutlich über 60 Prozent ihrer Einnahmen erzielt, die „Süddeutsche Zeitung“ und die „Frankfurter Rundschau“ jeweils 50 Prozent. Pro Anzeigenseite nehme die „FAZ“ etwa 43 890 Euro ein, die „SZ“ 40 000 und die „FR“ 20 000, woraus die Studie folgert, „dass die ,FAZ’ im Jahr 2002 gegenüber 2001 etwa 90 Millionen, die ,SZ’ 63 Millionen und die ,FR’ etwa 24 Millionen Euro weniger aus Stellenanzeigen erlöst haben“. Hinzu kommen Verluste aus anderen Anzeigenmärkten.

Robin Meyer-Lucht von der Universität Sankt Gallen wirft den Zeitungsverlagen vor, im Internet zu wenig Engagement zu zeigen. Die Kfz-Anzeigen seien schon heute weitgehend ins Netz abgewandert. Er prophezeit, dass die Stellenanzeigen, sobald die Konjunktur anspringt, den Zeitungsverlagen ebenfalls verloren gehen. Mit ihrer defensiven Strategie, das Internet nur dazu zu nutzen, ihre Leser auch online zu binden, hätten sie versäumt, den Herausforderern Paroli zu bieten. Online-Stellenbörsen wie monster.de, Jobpilot oder Stepstone stünden parat und warteten nur darauf, dass die Konjunktur anzieht, behauptet Meyer-Lucht: „Die Tageszeitungen tun sich schwer mit der Erschließung dieses neuen Geschäftsfelds, das die eigenen Pfründe bedroht.“

Meyer-Lucht geht noch weiter: Im Langzeitvergleich seien die Zeitungen längst auf der Verliererspur, ohne es wirklich wahrgenommen zu haben: Wurde 1980 noch 38 Minuten lang Zeitung gelesen, seien es 2000 nur noch 30 Minuten gewesen. Gaben 1979 noch 83,1 Prozent der Befragten über 14 Jahren an, am Vortag Zeitung gelesen zu haben, waren es 2002 noch 72,6 Prozent. Fanden 1989 noch 59 Prozent der 16- bis 29-Jährigen, man sollte regelmäßig Zeitung lesen, fanden das 2001 nur noch 44 Prozent. Und der Anteil der Tageszeitungen im Werbemarkt sinke schon seit Jahren, während Fernsehen, Radio und mittlerweile das Internet zulegen. Wirtschaftlich habe sich das nur nicht bemerkbar gemacht, weil die Werbewirtschaft von Jahr zu Jahr mehr Geld in Anzeigen und Spots fließen ließ. Das ist nun seit zwei aufeinander folgenden Jahren nicht mehr so der Fall, was „hierzulande historisch ohne Beispiel“ sei. Meyer-Lucht folgert daraus, dass die bislang scheinbar friedlich koexistierenden Medien stärkere Konkurrenten sind als angenommen. „Der neue Wettbewerb wird den Substitutionsdruck auf die Tageszeitungs-Stellenmärkte erhöhen.“ Mit dem Internet drohe „die Entkopplung der nicht notwendigerweise verbundenen Angebote von Journalismus und Rubrikenmärkten“. Denn wer eine Stelle oder ein Auto sucht, greift nicht mehr automatisch zur Zeitung.

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