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TRT Deutsch. Ist Erdogans Staatsfernsehen nun auch auf deutsch zu haben?

© Screen: Tsp

Erdogan-Sender?: Die Türkei hat das Digitalmedium „TRT Deutsch“ in Berlin gestartet

Das Nachrichtenportal „TRT Deutsch“ versucht, aus Berlin „alternative Themen“ aufzugreifen, die in „Mainstream-Medien kaum Beachtung finden“.

„Festnahme in Hamburg. Die Türkei hat eine ausländische Terrorkämpferin nach Deutschland abgeschoben.“ (TRT Deutsch). „In Hamburg festgenommen. IS-Rückkehrerin kommt in Untersuchungshaft.“ (Spiegel online). Manchmal ist es ein Begriff, der Nachrichten selben Inhalts unterschiedlich wirken lässt. Aus der „IS-Rückkehrerin“ wird bei „TRT Deutsch“ eine „Terrorkämpferin“.

Man schaut genauer hin, wenn der deutsche Ableger des türkischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks seit ein paar Tagen am Start ist: das digitale Nachrichtenportal „TRT Deutsch“.

Schon ist davon die Rede, dass Erdogans Staatsfernsehen auf deutsch zu haben ist, ähnlich wie bei der in Berlin produzierten Website „RT Deutsch“, die als Teil des Russia-Today-Netzwerks – eines globalen Fernsehnachrichtennetzwerks mit Sitz in Moskau, das von der russischen Regierung finanziert wird – in die Nähe der Putinschen Weltsicht zu verorten ist.

TRT-Programmdirektor Serdar Karagöz hatte im Oktober angekündigt, der Sender würde „die sozialen Probleme und Missstände in Deutschland und Europa unter die Lupe nehmen“.

Und nun? „Ostseefischer mit leeren Netzen“, „Belgien – keine regierungsfähige Mehrheit in Sicht“ – der Untergang des Abendlandes steht für Leser von „TRT Deutsch“ auf dem ersten Blick nicht bevor.

Eine Meinung zu Hannovers OB Belit Onay

Wessen Geist die Seite ist, wird in Meinungsspalten deutlicher. Da werden die „Diskussionen über das Kopftuch im Alltagsleben seit Ende der 1990er Jahre“ zum Anlass genommen, daran zu erinnern, „dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft die Stimmen der Musliminnen kaum wahr nimmt, obwohl die Debatten ihre Identität und damit auch ihre Privatsphäre betreffen“.

Oder eine Meinung zu Belit Onay publiziert, den Oberbürgermeister von Hannover, der mit Sätzen wie „Türkei untergräbt Demokratie“ kaum als Erdogan-Freund bekannt ist: „In Vergangenheit trat der eine oder andere türkischstämmige Politiker in den Vordergrund. Doch kaum einer davon hielt seine Versprechen gegenüber den Wählern.“

"TRT Deutsch ist Teil der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaft der Türkei, die weltweit über 8000 Mitarbeiter beschäftigt", sagt C. Kaan Elbir, Chefredakteur TRT Deutsch. Das Portal als jüngstes Projekt sei mit einer überschaubaren Mitarbeiterzahl gestartet. "Darüber hinaus haben wir auch freie Autoren, die uns Meinungsbeiträge zukommen lassen. In Zukunft wollen wir weiter wachsen, stellen aber Qualität vor Quantität."

"Wir wollen informieren, aufklären und aufdecken." TRT Deutsch bemühe sich, ein möglichst breites Publikum im deutschsprachigen Raum zu erreichen. "Die deutschtürkische Community und die deutsche Mehrheitsgesellschaft sind uns gleichermaßen wichtig – aber auch andere Minderheiten, die in den Medien nicht ausreichend repräsentiert werden. Wir wollen ein Sprachrohr für die Probleme und Bedürfnisse dieser Menschen sein."

Man orientiere sich dabei stets an journalistischen Prinzipien. "Wir bieten ein breites Themenspektrum und wollen einen investigativen Ansatz verfolgen. Islamfeindlichkeit verstehen wir als neuartige Ausformung des Rassismus, die das friedliche Zusammenleben gefährdet. Wir positionieren uns klar und deutlich gegen rassistische Tendenzen und stehen für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft ein. Darüber hinaus wollen wir unser Publikum unterhalten – auch visuell. Dafür produzieren wir unter anderem kurze Videobeiträge."

Wie begegnet das News-Portal dem Vorurteil, dass TRT Deutsch ausschließlich die Sicht des türkischen Staats vermittele? Stichwort „Erdogan-Sender“, das Wort geistert ja durch die Presse.

"Das bewerten wir als Vorurteil, das mit den Inhalten auf unserer Webseite leicht zu widerlegen ist", sagt Elbir. "Natürlich sind wir als Teil der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt der Türkei gewissermaßen mit dem Land verbunden. Wir sind aber zugleich verpflichtet, objektiv, unparteiisch und ausgewogen zu berichten. Das schreibt uns das Grundgesetz der Türkei so vor."

Des weiteren liege der Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum. "Wir werden über die Ereignisse in der Türkei nur dann berichten, sofern diese von Relevanz sind. Dass wir mit derartigen Vorwürfen konfrontiert werden, war uns schon im Vorfeld klar gewesen. Wir werden aber mit diesen Vorurteilen aufräumen, da bin ich mir ziemlich sicher."

Das wird zu beobachten sein. Einer der ersten Beiträge am Mittwoch vergangener Woche hatte die Überschrift: „Israelischer Sektenführer verhaftet: 50 Frauen soll er versklavt haben.“

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