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Unter Druck. Udo Reiter verteidigt seine Mitarbeiter und seine Arbeit. Foto: dpa

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Erklärung: Schulden und Schuld

MDR-Affären: Intendant Udo Reiter gesteht Versäumnisse ein - und geißelt Kritik am Sender als „maßlos“.

Die Schulden des suspendierten MDR-Unterhaltungschefs Udo Foht waren der Geschäftsleitung des ARD-Senders bereits länger bekannt. MDR-Intendant Udo Reiter erklärte am Mittwoch, dass sich im September 2009 ein Produzent an ihn gewandt und darauf hingewiesen habe, „dass ihm Herr Foht 10 000 Euro schulde“. Reiter hat nach eigener Aussage den Vorgang an Fernsehdirektor Wolfgang Vietze weitergegeben, der Reiter Mitte Oktober mitgeteilt habe, die Sache sei erledigt. Weitere Nachforschungen hat der MDR-Chef nicht angestellt. Fernsehdirektor Vietze wusste laut Reiter seit Februar 2009 von einer weiteren Forderung an Foht. Diese 20 000 Euro „wurden offenbar von einem Dritten beglichen“, teilte Reiter mit.

Keine Einzelfälle waren das, wie sich im Zuge der Aufklärung des Betrugsskandals beim Kinderkanal herausgestellt hat. Demnach informierte ein Produzent die MDR-Justiziarin Karola Wille über „merkwürdige Geldgeschäfte im Bereich der Fernsehunterhaltung“. Nachforschungen hätten, so berichtet Reiter, ergeben, dass Foht sich offenbar bei Produzenten und Privatpersonen „Geld geliehen hat, das er angeblich für Produktionen oder notleidende Produktionsfirmen benötigte. Dieses Geld wurde dann teilweise von Dritten, teilweise mit großer Verspätung, teilweise gar nicht zurückgezahlt.“

Dem MDR sei nach bisherigem Erkenntnisstand durch die Foht’schen Praktiken keinerlei Schaden entstanden. Trotzdem habe der Showchef grob gegen MDR-Regularien verstoßen. „Ich habe ihn deshalb unverzüglich vom Dienst suspendiert und den Vorfall der Staatsanwaltschaft übergeben“, schreibt Reiter.

Die öffentlichen Einlassungen des Intendanten erfolgen noch vor der Information des Rundfunkrates in einer Sondersitzung am 31. August durch den Senderchef. Udo Reiter hat erkannt, dass er die Spekulationen, Urteile und Verdächtigungen nicht weiter treiben lassen kann. Das Werk des Gründungsintendanten ist in Verruf, der Sender und seine Mitarbeiter sind unter Generalverdacht geraten. Reiter sagte, interessierte Kreise wollen den MDR und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt angreifen. Dabei werde gezielt ignoriert, dass im MDR Tausende von engagierten Mitarbeitern gute Arbeit leisteten. Erfolgreich sei der Sender, seine Programme beliebt, die Finanzen geordnet. Reiter gestand Versagen ein: „Richtig ist, dass das Einrichten von Controlling-Planstellen in den stürmischen Aufbaujahren nicht immer im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stand.“ Später auch nicht, das schreibt er nicht.

Der Intendant hat anderes, in seinen Augen Wichtigeres zu tun. Reiter will seine Mitarbeiter (und seine Leistung) schützen, er möchte das Denken und Handeln der Gremien beeinflussen. Denn am 26. September soll der Rundfunkrat auf Vorschlag des Verwaltungsrates einen Nachfolger für Udo Reiter bestimmen. Da sind mehrere Namen gefallen, darunter auch der von Justiziarin Wille und Hörfunkchef Johann Michael Möller. Wer aber aus dem MDR ist wählbar, wenn Johannes Beermann, der Chef der sächsischen Staatskanzlei, im „Spiegel“ konstatiert, im MDR sei „kaum eine Instanz intakt“? Reiter zitiert diese Bemerkung in seiner Erklärung, ohne den CDU-Politiker zu nennen; er klassifiziert sie als „maßlos und unangemessen“. Nach Reiters Interpretation liege die Vermutung nahe, dass versucht werden soll, „die aktuellen Probleme des MDR zu instrumentalisieren, um den Sender und seine Organe im Vorfeld der Intendantenwahl unter Druck zu setzen“.

Die sächsische Staatskanzlei, die sich seit jeher als „Königsmacher“ in der Dreiländeranstalt verstanden hat, hat einen eigenen Favoriten für den Chefsessel in Leipzig. Er heißt Bernd Hilder, er kommt als Chefredakteur der „Leipziger Volkszeitung“ nicht aus dem MDR und gilt als „intakt“. Jeder Schaden soll auch seinen Nutzen haben. Joachim Huber

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