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Vorletzte. Levina aus Deutschland ist bestürzt über ihr Ergebnis beim 62. Eurovision Song Contest.

© dpa

ESC-Debakel: Die ARD verheizt junge Menschen

Das Erste sollte den ESC 2018 nur noch übertragen - und sonst die Finger davon lassen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Wenn in ARD-Verantwortungszirkeln das Wort „Castingshow“ fällt, fällt im selben Satz der Begriff „Menschenverachtung“. „Deutschland sucht den Superstar“ bei RTL, „Germany’s Next Topmodel“ bei ProSieben, alles entsetzlich, alles erniedrigend. Wir sind öffentlich-rechtlich, wir sind die Guten.

Was für eine Heuchelei. Beim Eurovision Song Contest 2015 wird Anne Sophie Letzte, nicht anders Jamie Lee ein Jahr später, beim diesjährigen ESC landet Levina mit „Perfect Life“ auf dem vorletzten Platz. Die ARD freut sich derweilen über prima Einschaltquoten, Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber rechnet vor, dass der ESC die bei Weitem erfolgreichste Fernsehshow des Jahres war, zudem die Startgebühren von rund 380 000 Euro „deutlich unter den durchschnittlichen Produktionskosten von Unterhaltungsshows im Hauptabend“ gelegen hätten. Da springt der Beitragszahler doch vor Freude in den Fernseher.

Vor Helene Fischer geht das Erste in die Knie

Jubel-Schreiber sollte noch kurz einen Gedanken auf die Soll-Seite verschwenden. Das Erste verheizt beim ESC einen jungen Menschen nach dem anderen, heißen sie jetzt Ann Sophie, Jamie-Lee oder Levina. Bei gestandenen Profis getraut sich die ARD das nicht. Helene Fischer darf dann im ESC-Vorlauf, vor großem Publikum und passgenau zur nächsten Stadiontour neue Songs zum kasseklingelnden Vortrag bringen. Der verantwortliche NDR lässt sich darauf ein, von einem Versuch, Helene Fischer zur ESC-Teilnahme zu bewegen, ist nichts bekannt geworden.

Deutschland sollte beim Vorentscheid mitmachen müssen. Für ein Lied, das am Geschmack der Jury meilenweit vorbei geht und somit überhaupt keine Chancen hat, gäbe es dann keine Klatsche in der Finalrunde.

schreibt NutzerIn Tentieman

Die ARD wird sich am ESC 2018 beteiligen. Dafür wird der Findungsprozess des Kandidaten/der Kandidatin erneut reformiert. Der NDR stellt wieder die Werkstatt, Thomas Schreiber bleibt der Oberschrauber. Er sollte einsehen, dass der bessere Teil der Tapferkeit immer noch die Klugheit ist und bei Lena-Macher Stefan Raab anklopfen.

ARD-Rückzug wäre eine Lösung

Oder ist schon alles wurschtegal? Sind doch alle selber schuld, die sich einreden oder einreden lassen, sie hätten sagenhaftes Showtalent. Wer nicht wagt, gewinnt nicht, wer nicht gewinnt, kassiert Häme inklusive weniger Auftritte im XY-Clübchen. Perfect Life ausgepowert by ARD.

Die größte Tat des Ersten wäre es, den Eurovision Song Contest 2018 nur zu übertragen. Ansonsten kompletter Rückzug. Es gibt im ARD-Rund null erstklassige Rock- oder Popunterhaltung, es gibt weder Expertise noch Experten. Amateure können nur Amateur, ARD kann nur ARD. Levina darf nicht das vorletzte, sie muss das letzte Opfer des Größenwahnsinns sein.

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