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Einst zeigte sich Christian Wulff gerne mit Kai Diekmann (r.), wie hier 2006. Heute wirft er der "Bild"-Chefredakteur bei seinem Sturz als Bundespräsident "persönlichen Ehrgeiz" vor.

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Ex-Bundespräsident wettert gegen Medien: Wulff und die "Bild"-Feindschaft

Nach Wulffs Medienschelte: „Stern“-Reporter Tillack bleibt gelassen, der Journalistenverband schüttelt den Kopf - und „Bild“-Chefredakteur Diekmann greift zum Buch.

Für Christian Wulff ist die Sache klar: Einst sei die „Bild“-Zeitung „Wulff-Freund“ gewesen, nun ist sie „Wulff-Gegner“. Die Gründe dafür: „Offenbar in meiner Haltung zum Islam und im persönlichen Ehrgeiz ihres Chefredakteurs zu suchen“, wetterte der Ex-Bundespräsident, als er am Dienstag in Berlin sein Buch „Ganz oben Ganz unten“ vorstellte.

Wulff kritisiert das "Jagdfieber" der Medien

Nicht nur mit der Springer-Zeitung und ihrem Chef Kai Diekmann rechnete er ab, nein, Wulff hob zu einer Generalkritik mit den Medien an. Verbittert monierte Wulff das „Jagdfieber“ und die „zerstörerische Häme“, Medien und Justiz hätten sich in seinem Fall „die Bälle zugespielt“, dies „bedrohe das Prinzip der Gewaltenteilung“ und sei eine „ernst zu nehmende Gefahr für unsere Demokratie“.

"Stern"-Reporter Tillack widerspricht

„Stern“-Reporter Hans-Martin Tillack, der mehrfach in Wulffs Buch erwähnt wird und als einer der ersten Journalisten über den Hauskredit recherchierte, widerspricht: „Der Begriff Jagd suggeriert ja, dass ein Opfer beliebig ausgesucht und attackiert wird“, sagt er. Bei Wulff aber habe es konkrete Vorwürfe gegeben, die von den Medien recherchiert worden seien. Daraufhin hätte dann die Justiz ermittelt. „Insofern haben beide Seiten nur ihre Arbeit gemacht“, sagt Tillack, auch, wenn es in einigen Blättern durchaus hämische Äußerungen gegeben habe.

"Ganz oben Ganz unten", heißt das buch, das Christian Wulff am Dienstag vorstellte.
"Ganz oben Ganz unten", heißt das buch, das Christian Wulff am Dienstag vorstellte.

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Auch die "FAZ" bekommt ihr Fett weg

Die angeblich einstige Wulff-Freundin „Bild“ war nicht die Einzige, die der frühere Politiker bei der Buchvorstellung kritisierte. Er rügte auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“). Zwischen ihr und Springer habe es eine „Osmose“ gegeben, womit Wulff darauf anspielte, dass die „FAZ“ zuerst über seinen Anruf auf Diekmanns Mailbox berichtet hatte. Herausgeber Frank Schirrmacher war zu den Vorwürfen für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Können Medien dennoch etwas aus der Affäre Wulff lernen? „Wulff war wegen der Fülle an ernst zu nehmenden Vorwürfen gegen ihn ein einmaliger Fall, den wir hoffentlich so nicht wieder erleben werden“, sagt Tillack. Der Deutsche Journalisten-Verband weist Wulffs Kritik ebenfalls zurück. „Mit dieser Sicht der Dinge macht Herr Wulff es sich zu einfach“, sagte der Vorsitzende Michael Konken.

„Ich wäre auch heute der Richtige im Amt“

Wulff zeigt damit, dass er in den mehr als zwei Jahren seit seinem Rücktritt am 17. Februar 2012 nicht nur das „Prinzip Fahrstuhl“ wohl noch immer nicht verstanden hat, sondern auch ein bemerkenswertes Verständnis vom Verhältnis zwischen Politik und Journalismus pflegt. Denn bezeichnet sich ein Politiker als „Freund“ einer bestimmten Zeitung, läuft grundsätzlich etwas falsch. Wulff sieht die Medien als Urheber seines Sturzes. „Ich wäre auch heute der Richtige im Amt“, sagte er am Dienstag.

Wer mit der „Bild“-Zeitung „im Aufzug nach oben fährt...

Wer mit der „Bild“-Zeitung „im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten“, sagte Springer-Chef Mathias Döpfner einmal. Insofern ist Wulffs Buchtitel durchaus passend gewählt. Einst lud er Diekmann zum Frühstück ein und stellte ihm seine Gedanken zum Islam vor. Nach den Recherchen über seinen Hauskredit beendete er das vermeintlich freundschaftliche Verhältnis mit seinem folgenreichen Anruf auf der Mailbox beim „Bild“-Chefredakteur („Für mich und meine Frau ist der Rubikon überschritten“). War Diekmann in der Affäre Wulff von „persönlichem Ehrgeiz“ getrieben? Hat die „Bild“ Wulff „gejagt“?

2012 ist die Boulevardzeitung für ihre investigative Leistung in der Wulff-Affäre mit dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnet worden. Zu den neuen Vorwürfen des Ex-Bundespräsidenten will sich Diekmann nicht äußern. „Ich muss jetzt erst mal das Buch lesen", sagte Diekmann dem Tagesspiegel.

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