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Medien: „Fact Checking“

Was das ZDF aus NRW für die Bundestagswahl lernt

Herr Brender, was ist da passiert: RTL hatte die Nachricht des Wahlabends mit dem Auftritt von SPDChef Müntefering zuerst auf dem Schirm?

Ja, weil RTL nicht so viele Bildquellen nutzte wie wir. In dem Moment, als SPD-Chef Müntefering in Berlin auftrat, hatten wir die ersten Live-Szenen mit dem Wahlsieger Rüttgers auf Sendung. Wir haben Müntefering aufgezeichnet und anderthalb Minuten nach RTL nachgeliefert. Davon wird die Republik nicht untergehen.

Das ZDF wie auch die ARD sind stark, wenn der Abend in der gewohnten Routine ablaufen kann, und schwach in der Reaktion, wenn Unvorgesehenes passiert.

Die Müntefering-Aussage war natürlich eine ganz große Überraschung, keine Frage. In unserem Sendeablauf kam sie stark zur Geltung, weil sie direkt nach dem Jubel des CDU-Lagers wie eine kalte Dusche wirkte. Wir haben dann sehr genau und vielfältig analysiert, wie es sich für einen öffentlich-rechtlichen Sender gehört. Richtig ist, es bedurfte bei uns einiger Zeit, bis wir uns von den Ergebnissen der Landtagswahl auf die Ankündigung einer vorgezogenen Bundestagswahl umgestellt haben.

Nach der NRW-Wahl ist vor der Bundestagswahl: Haben Sie schon in Ihren Redaktionen eine Urlaubssperre verhängt?

Seit Sonntag verdichten und verändern wir unsere bisherige 2006-Planung. Wir werden unsere Wahlkampfberichterstattung sehr auf Fakten konzentrieren. Die Vorstellungen und Konzepte der Parteien müssen gerade beim vorgezogenen Wahltermin sehr deutlich werden. Wir planen ein Format: „Fact Checking“. Wir werden die Zahlen und die Behauptungen, die die Parteien in den aktuellen Diskussionen verwenden und aufstellen, überprüfen – und zwar an den eigenen Parteiprogrammen und an der Sachlage.

Haben Sie bereits Briefe an SPD und CDU in Sachen Fernsehduelle geschrieben?

Ja. Die CDU wird Angela Merkel am 30. Mai als Kanzlerkandidatin aufstellen, Gerhard Schröder als SPD-Spitzenmann ist gesetzt. Merkel gegen Schröder, das werden überaus spannende Duelle.

Wie viele?

Meine Wunschvorstellung sind, wieder wie 2002, zwei Duelle.

Die Duelle im NRW-Wahlkampf waren auf Steinbrück und Rüttgers konzentriert. Damit waren die kleineren Parteien wie die FDP und die Grünen benachteiligt. Wie wird das ZDF Gerechtigkeit herstellen?

Die Wähler wollen die klaren Positionen des/der künftigen Kanzlers/Kanzlerin kennen lernen und erleben, wie sich die Kandidaten im direkten Duell messen. Die kleinen Parteien werden im Rahmen unserer Diskussionen und der thematisch orientierten Sendungen ausreichend Gelegenheit bekommen, ihre Positionen darzustellen. Eine Benachteiligung wird es nicht geben.

Nikolaus Brender ist Chefredakteur des Zweiten Deutschen Fernsehens in Mainz.

Mit ihm sprach

Joachim Huber.

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