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Medien: Falsch verliebt

Ein Jungbrunnen für die ARD: die neue Serie „Sternenfänger“

Merken, dass man älter wird – am schönsten geht das mit dem ARD-Vorabendprogramm. Welcher Mitdreißiger erinnert sich noch an die „Drei Damen vom Grill“ oder „Praxis Bülowbogen“? Diese Serien hatten den Charme eines deutschen Kurortes und verloren irgendwann den Kontakt zur Lieblingszielgruppe der Werbeindustrie.

Seit ein paar Jahren versucht die ARD, aus der Zeit zwischen 18 und 20 Uhr eine Art Jungbrunnen zu machen. Weg von Bratwürstchen und Rheumadecken, hin zum vermutlichen Lebensgefühl der Generation X. Jüngstes Produkt aus der Feder der Trendforscher ist die Serie „Sternenfänger“, die heute startet (dienstags bis freitag, 18 Uhr 50) und einen Ort in den Mittelpunkt stellt, den man gar nicht so cool finden würde: den Bodensee.

Die Verwicklungen sind schnell erzählt. Paula und Nico sind zusammen aufgewachsen und dicke Freunde. Plötzlich taucht Valery auf, die mit ihrer Mutter aus Berlin in die „Steinzeit“ ziehen muss, nach Überlingen am Bodensee. Es kommt, wie es kommen muss. Paula verliebt sich in Nico, Valery auch, Nico weiß nicht, wen er nehmen soll, und dann ist da noch Fred, der stets einen flotten Spruch auf den Lippen, aber auch keine Antwort auf die wesentlichste Frage des Lebens hat, die Paula 26 Folgen lang umtreiben wird: „Warum verlieben wir uns immer in den Falschen?“ Die Sonne scheint sehr oft, eigentlich immer, es gibt viel Wasser und knappe Bademoden, permanent untermalt von zielgruppengerechter Musik (The Cure, Radiohead, Air) und recht hölzernen Dialogen – „Sternenfänger“ wirkt wie eine Mischung aus „Die Strandclique" und „Berlin, Berlin“, den einzigen neuen ARD-Vorabendsoaps, die dem Quotendruck standhielten, zumindest mehrere Staffeln geschafft haben.

Immerhin liegt das Erste zwischen 18 und 20 Uhr in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen fünf Prozent über dem Gesamtmarktanteil. Die hätte ARD-Programmchef Günter Struve mit „Sternenfänger“ auch gerne.

Dafür zappte er sich einmal durchs Programm, blieb bei den Musiksendern hängen und hat dann die erfolgreichsten Mitarbeiter eingekauft: MTV-Moderatorin Nora Tschirner, Viva-Mann Oliver Poche und Jochen Schropp, dessen Gesicht dem gepiercten Teil des Publikums von RTL 2 her bekannt vorkommen dürfte. Eigentlich kann nichts schiefgehen. „Sternenfänger“ gibt nicht nur falsch Verliebten wie Paula Lebenshilfe („Ich habe keinen Bock mehr, für ein bisschen Knutschen den Verstand zu verlieren“), sondern macht auch Mut in der Medienkrise. Bei den beiden Viva-Sendern soll gespart werden, bei Viva Plus verschwinden sogar die Moderatoren. Die können sich alle bei der ARD bewerben … Markus Ehrenberg

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