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Fernseh-Fußball: Laut die Vuvuzela blasen

Eine Viererkette und Benjamin Blümchen: RTL stimmt sich auf Fußball-WM in Südafrika ein. Einige RTL-Experten müssen jedoch noch ins Trainingslager.

Es war, als wollte sich RTL den Winter aus den Knochen schütteln. Im Monat der Olympischen Spiele in Vancouver ist der Privatsender mit einem Zuschauer-Marktanteil von 12,7 Prozent hinter ARD (14) und ZDF (13,8) auf Rang drei gerutscht. Also galt es, im „vielleicht aufregendsten Sportjahr“ für RTL, wie Senderchefin Anke Schäferkordt es nennt, ein Zeichen zu setzen. Man trommelte am Donnerstagabend in einem afrikanischen Themen-Hotel im Phantasialand bei Köln sein Team zusammen, das im Sommer neun Spiele bei der Fußball-WM in Südafrika übertragen wird, machte noch ein bisschen Reklame für die am 14. März beginnende Formel-1-Saison und den Boxkampf von Wladimir Klitschko am 20. März in Düsseldorf, und ließ die PR-Sause vom Schwestersender n-tv übertragen, als hätte sie einen Nachrichtenwert.

Schade nur, dass der angekündigte Lukas Podolski einen Tag nach dem 0:1 gegen Argentinien nicht da war. Vielleicht hatte der Kölner Nationalspieler einfach genug von Journalisten. Dafür tauchte „Benjamin Blümchen“ auf, so Moderator Florian König über Reiner Calmund, der trotz seines beachtlichen Volumens an der afrikanischen Tröte (Vuvuzela) kläglich versagte („Ich blas’ ja schlecht“) und „Pa-RA-gu-ei“ aussprach, als hätte er von Paraguay noch nie etwas gehört. Aber das macht nichts, der lustige Calli ist für RTL ja als „Südamerika-Experte“ unterwegs und wird sich sicher noch einarbeiten.

Dennoch lässt sich sagen, dass RTL, obwohl nach den öffentlich-rechtlichen Sendern nur die Nummer drei in Südafrika, mit populären Figuren taktisch klug aufgestellt sein wird. Die zentrale Rolle übernimmt eine „Viererkette“ aus Jürgen Klinsmann, Florian König, Günther Jauch und Jürgen Klopp, der sogar per Helikopter direkt vom Dortmunder Trainingsplatz herbeigeschafft wurde. „Mein Auftrag ist, nicht die Stimmung zu stören“, sagte der Bundesliga-Trainer, der eine ähnliche Rolle haben wird wie beim ZDF während der WM 2006 und der EM 2008: als lockerer Sympathikus, der dem Millionenpublikum mit ein paar virtuellen Kringeln das Spiel erklären kann. Klopp wird mit Günther Jauch zusammen in Deutschland in einem 32-Tonnen-Truck umherziehen, der innerhalb von drei Stunden zu einer Bühne umgebaut werden kann. An den RTL-Spieltagen melden sich Klopp und Jauch vom Public Viewing aus verschiedenen Städten. Start (11. Juni) und Ziel (am Tag eines Viertelfinales) sind in Berlin.

Während sich die Publikumslieblinge also unters Fan-Volk mischen, gibt Jürgen Klinsmann in Südafrika an der Seite von Florian König den „Experten“ – will es aber gar nicht sein. „Ich sehe mich nicht als Experten, der sagt, wer was falsch gemacht hat“, erklärte der ehemalige Bundes- und Bayern-Trainer, der vor vier Jahren noch einer der Helden des „Sommermärchens“ war und nun in Südafrika ein bisschen Reporter spielt. Er werde „noch bei der einen oder anderen Mannschaft vorbeischauen“, sagte Klinsmann. Laut RTL-Sportchef Manfred Loppe soll er dabei durchaus Interviews und „die eine oder andere Geschichte“ mitbringen. Als Reporterin für das deutsche Team ist allerdings Nazan Eckes eingeteilt.

RTL hatte 2006 acht Spiele an drei Sonntagen übertragen, in Südafrika kommen die Bertelsmänner nun allein an sechs Vorrunden-Tagen jeweils mit Spielen in der Fernseh-Primetime (20 Uhr 30) zum Einsatz. Für den Zuschauer bedeutet das: Mehr Werbespots als 2006, denn ARD und ZDF dürften abends ja keine Werbung senden. Außerdem hat sich RTL Nachverwertungsrechte gesichert, so dass in der Sendung „WM Aktuell“ (19 Uhr 05) vor den eigenen Live-Spielen Zusammenfassungen der Nachmittags-Begegnungen gezeigt werden können.

Welche beiden Achtelfinal-Spiele und welches Viertelfinale bei RTL zu sehen sein werden, wird erst nach der Vorrunde entschieden. Klar sind die Vorrunden-Partien Uruguay – Frankreich (11. Juni), Italien – Paraguay (14. Juni), England – Algerien (18. Juni) und Spanien – Honduras (21. Juni). Dass auch die Spiele Kamerun – Niederlande (24. Juni) und Schweiz – Honduras (25. Juni) am letzten Vorrunden-Spieltag der Gruppen E und H bei RTL bereits festgelegt wurden, könnte für das Free-TV-Publikum ärgerlich werden, denn je nach Turnierverlauf könnten auch die Parallelspiele Dänemark – Japan und Chile – Spanien die interessanteren Begegnungen werden. Bei rtl.de und sport.de sind die neun von RTL erworbenen Spiele zudem im Live-Stream zu sehen.

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