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Macht glücklich. Gerade noch wollte sich Andi (Andreas Schmidt, re.) umbringen. Jetzt zieht er mit Frieder (Devid Striesow) und Hanna (Jördis Triebel) in eine WG. Foto: HR

© HR/Johannes Krieg

Fernsehdrama: Sommer vorm Hoteldach

Der Mittwochsfilm der ARD: Eine Paraderolle für Andreas Schmidt – und eine Hymne an die Freundschaft.

Busfahrer Andi hat genug. Er will sich umbringen. Letzte Tour, letzte Reisegruppe, letztes Graubrot im Hotelzimmer, letztes Abendessen alleine vorm Fernseher. Andi steigt aufs Hoteldach, nimmt weit, weit Anlauf, um ja auf Nummer sicher zu gehen – und landet auf einer Terrasse ein Stockwerk tiefer. Den verstauchten Knöchel kühlt er sich, am Boden liegend und jammernd, in einer Hotel-Minibar. Dass daraus am Ende doch noch „Ein guter Sommer“ wird, wie es der Titel dieses Dramas verspricht, ist ein kleines filmisches Wunder, und zumindest auch dem grandiosen Schauspieler-Trio Andreas Schmidt, Devid Striesow und Jördis Triebel zu verdanken.

Andreas Schmidt mal wieder bei der Arbeit zuzuschauen, alleine das ist ein Vergnügen. Man kennt den langen, dünnen Mann mit der bemerkenswert, schiefen Physiognomie und dem schlaksigen Gang vor allem als dreist berlinernden Lkw-Fahrer Ronald aus „Sommer vorm Balkon“, dem Kinohit von Andreas Dresen. Auch als „Gänse-Schlunzke“, als Nachbar von Polizeihauptmeister Krause in den RBB-Produktionen „Krauses Fest“ und „Krauses Kur“, durfte er sein komödiantisches Talent herauskehren. Es wird Schmidt jedoch unrecht getan, ihn auf diese teils betont burlesken Rollen zu reduzieren, selbst wenn er für eine weitere komische Rolle, für die in „Fleisch ist mein Gemüse“, 2009 den Deutschen Filmpreis erhielt.

Ein Sozialdrama also. Es braucht Zeit, um sich an diese spröde beginnende Geschichte (Buch: Edward Berger und Michael Schenk), an diesen freudlos wirkenden, linkischen Andi, an diesen gar nicht so guten Sommer im tristen Frankfurt, zu gewöhnen. Nach dem gescheiterten Selbstmordversuch geht Andi zur Arbeitsvermittlung. Den neuen Kollegen in einer Putzkolonne fällt er mit seiner unglaublichen Gutherzigkeit mächtig auf die Nerven. Vor allem dem frisch verwitweten Kumpel Frieder (Devid Striesow), der sein Unglück lieber alleine versaufen würden, dem Andi aber nicht mehr von der Seite weicht. Und der Sanitäterin Hanna (Jördis Triebel), die gerade eine schwierige Affäre mit einem verheirateten Mann hinter sich lässt, auf die nun ausgerechnet Andi ein Auge geworfen hat. Plötzlich finden sich diese drei in einer Wohngemeinschaft in einem Altbau-Traumdomizil am Frankfurter Opernplatz wieder.

Drei strauchelnde, drei grübelnde Helden, die sich erst füreinander erwärmen müssen, die immer noch nicht wissen, wo sie im Leben hingehören, von denen einer bis zum Ende darüberhinaus noch ein bitteres Geheimnis in sich birgt – auch wenn es pathetisch klingt, die zurückhaltend inszenierte Tragikomödie (Regie: Edward Berger) ist eine Hymne an die Freundschaft, macht einfach nur glücklich. Und mal kein deutscher Krimi wie so oft in der Primetime, sondern eine intensive Auseinandersetzung mit schwierigen Gefühlen und Verhaltensweisen seiner Protagonisten.

Schade, dass dieses Genre zwischen „Tatort“-Strickmuster und Degeto-Schmonzette aus deutschen, öffentlich-rechtlichen Redaktionen so selten bedient wird.

„Ein guter Sommer“, ARD, 20 Uhr 15

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