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Medien: „Fernsehen braucht Heroes“

n-tv wird zehn. Aufsichtsratschef Kuhlo hat eine kühne Vision: Es geht wieder aufwärts

Herr Kuhlo, leben wir in Zeiten der Lüge?

Sagen wir: in Zeiten der journalistischen Verwahrlosung. Jedenfalls was die Berichte über ntv betrifft. Die „Süddeutsche Zeitung“ zum Beispiel hat geschrieben, dass drei Herren von RTL in den Aufsichtsrat von n-tv einziehen und die Macht übernehmen würden. Völliger Blödsinn. Außerdem war zu lesen, n-tv würde nach Köln verlegt, RTL sei Mehrheitseigner, n-tv würde zu RTL-News verwurstet: alles Unsinn.

RTL wird knapp unter 50 Prozent an n-tv besitzen – und lässt alles laufen wie bisher?

RTL hat sich bislang in keiner Weise eingemischt. Es gab nicht ein Gespräch über Inhalte. Unsere große Sparaktion, um n-tv im nächsten Jahr wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen: alles auf unserem eigenen Mist gewachsen. Wir sind doch nicht blöd, wir wissen auch, dass ein Unternehmen, das Verluste macht, etwas unternehmen muss.

Warum will RTL überhaupt n-tv?

RTL will schon seit Jahren bei uns einsteigen. Ich finde es nicht verwunderlich, dass der Marktführer auf dem deutschen TV-Markt zur Abrundung seiner Senderpalette den Marktführer Nachrichten und Wirtschaft, also n-tv, haben will. Aber RTL wird nicht die Mehrheit übernehmen.

RTL ist nicht arm. Da könnte doch investiert statt gespart werden.

Unsere Sparaktion wird keine Auswirkungen auf das Programm haben. Der Zuschauer wird nichts merken. Es wäre doch Wahnsinn, wenn wir unsere Flaggschiffe antasten würden, „Sandra Maischberger“, den „Grünen Salon“, „Talk in Berlin“ oder unsere Börsenberichterstattung. Wir haben Persönlichkeiten aufgebaut. Fernsehen braucht einfach Heroes.

Was haben Sie denn eingespart? Seit 2000 sind die Werbeeinnahmen um mehr als 50 Prozent eingebrochen. Ein normales Unternehmen hätte da längst die Segel gestrichen.

Wir reduzieren unsere Kosten um mehr als 30 Prozent. Da wir im Jahr 2000 ganz ordentlich verdient haben, bedeutet das, dass wir 2003 wenigstens mit einer schwarzen Null abschließen werden.

Was passiert mit dem Personal?

70 Festangestellte werden uns leider verlassen müssen, außerdem eine Reihe freier Mitarbeiter. Dann werden wir rund 300 Mitarbeiter haben.

Werden Sie mit RTL zusammenarbeiten?

Im Herstellungsbereich. Was spricht denn dagegen, sich einen Ü-Wagen zu teilen oder die Miete für einen Satelliten-Transponder? Ansonsten gilt: Die RTL-news bieten eine wunderbare Sendung für das Publikum, das angesprochen werden soll. n-tv ist ein wunderbarer Sender für das Publikum, das angesprochen werden soll. Da gibt es keine Überschneidungen. Ich bin bereit, über einzelne Elemente, die uns helfen könnten, zu reden. Ein paar mehr Bilder von der Formel 1 oder Champions League hätte ich schon gern.

In seinem besten Jahr hat n-tv eine Rendite von über 25 Prozent erwirtschaftet. Konnte der Einbruch nicht verhindert werden?

Wir sind vom Einbruch der Werbeeinnahmen nicht nur besonders stark erwischt worden, wir waren auch die Ersten. Das hängt mit unserer starken Börsenausrichtung zusammen.

Eine Abhängigkeit, die an Harakiri grenzt.

Nein, kein Harakiri! Wir verdienen auch heute das meiste Geld im Börsenumfeld. Der Börsenhype war ein ganz besonderer Boom. Wenn Sie mich fragen, ob wir uns darauf zu sehr verlassen haben, dann würde ich heute sagen: ja. Aber wir waren nicht die Einzigen.

Wohin führt der Weg: Weg vom Börsen-, hin zum Nachrichtensender?

Wirtschaft machte bei uns nie mehr als 40 Prozent aus. Nachrichten waren immer noch ein bisschen wichtiger. So wird es auch bleiben. Es wäre töricht, die Berichterstattung über Wirtschaft radikal zurück zu fahren.

Die Talsohle ist erreicht. Zeit für Visionen?

Das Bedürfnis nach Information, von dem ich glaube, dass es ständig wächst, noch schneller, noch besser und wirklich allumfassend bedienen zu können. Und zwar jederzeit und überall: zu Hause, im Büro, auf Reisen, also auch mobil.

Was für eine Art Fernsehen ist dann n-tv?

Fernsehen steht auf zwei Beinen. Einem großen: der Unterhaltung, und einem kleinen: Information. Aber vielleicht ist n-tv gar nicht Fernsehen. n-tv ist vielleicht eine Zeitung, die mit bewegten Bildern und mit Ton arbeitet.

Das Gespräch führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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