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Fernsehen: Das Plappermaul und sein Präsident

Barbara Schöneberger und Hubertus Meyer-Burckhardt sind das neue Moderatorenduo bei der „NDR Talk Show“. Seinen Stil muss das ungleiche Paar erst noch finden.

Talkshows gibt’s inzwischen in mannigfachen Varianten. Die NDR-Show besticht durch den kühnen Versuch, eine Art Salon zu simulieren, in dem Gäste unterschiedlichster Provenienz einander aus ihrem Leben erzählen und auch mal bechern und lachen. Hier hängt alles von der Stimmung ab, und die wieder hängt von den Gastgebern als Moderatoren ab. Jetzt ist beim NDR Barbara Schöneberger dabei. Und die Frage lautet: Bringt sie’s?

Am Freitag war auch eine Astrologin zu Gast. Frau Zehl sollte voraussagen, ob und wie der blonde TV-Star mit Partner Hubertus Meyer-Burckhardt die Talkshow stemmen würde. Ihre Prognose: Wir haben hier „den wunderbaren Anfang eines Winning-Teams“. Na bitte. Es ging dann auch gleich toll los mit den Volksmusikstars Stefan Mross und Stefanie Hertel. Die haben endlich die Ehe geschlossen. Jetzt verlagert das Publikum seine Neugier auf die Kinderfrage.

Kindheit war ein wiederkehrendes Thema an diesem Abend, einige erzählten von ihrer eigenen, so auch Lothar Kannenberg, derzeit in aller Munde als Leiter des einzigen Trainingscamps für straffällige Jugendliche in Deutschland und als unfreiwilliger Hoffnungsträger der Hardliner im Gewaltdiskurs. Ex-Boxer Kannenberg fühlte sich wahrscheinlich in dieser Runde wie ein Schluck Wasser in der Kurve, dennoch: Als er von seinem gewalttätigen Vater erzählte, von seinem Hass und seinem Angriff auf ihn, da saßen die verwöhnten Medienmenschen um ihn herum wie hypnotisierte Kaninchen. Schöneberger sprach vorsichtig von der Disziplin, die zum Boxen gehört, und man mochte glauben, dass dieser Trainer seine Jungs an den Kanthaken kriegt. „Ich will was weitergeben“, sagte er, „deshalb mach’ ich den Rummel auch mit.“

Rosel Zech war es, die mit verhaltener Koketterie den Diskurs wieder ins gewohnte Fahrwasser lenkte. Sie spielt in der ARD-Serie „Um Himmels Willen“ die Mutter Oberin, der gleichfalls geladene Fernsehkoch Johann Lafer wäre fast Priester geworden – da konnte man mal wieder sehen, dass Katholizismus und Lebensgenuss sich nicht ausschließen. Birgit Schrowange hatte ihr 25-jähriges Fernsehjubiläum und Jürgen von der Lippe sein dreißigjähriges Bühnenjubiläum – also gab es eine Menge zu erzählen und zu bechern und zu lachen.

Und die Stimmung? War sie heiter, entspannt, womöglich inspirierend? Eigentlich schon. Auf jeden Fall mittelgut. Aber was tat die neue Saloniere dazu? Wird die Astrologin recht behalten? Wird sie es packen? Hm. Man mag sie ja, die Schöneberger, weil ihr immer was einfällt und weil sie ist, wie sie ist. Aber wie ist sie denn nun? Sie ist ein Plappermaul, das sich in seine Statements stürzt, ohne sie durchdacht zu haben, also ihrer Intuition vertraut. Das führt dazu, dass sie sich öfter wiederholt und verhaspelt und von ihren Schnitzern mit einem viel zu großen Lachen – leider ein Fehler vieler Showfrauen – ablenken muss. Beim Zuhören reißt sie ihre sowieso schon großen Augen so weit auf, dass man fürchtet, sie wollten ihr aus dem Kopf tropfen. Mit einem Wort: Sie ist eine Nervöse, der die Livesituation eigentlich nicht liegen dürfte und die mit festgelegtem Text oder gelernter Rolle besser führe. Allerdings ist da ja noch ihr Partner Hubertus Meyer-Burckhardt, der sich stets überlegt, was er sagt und genau weiß, was er hören will und so als ihr unterstützender Widerpart vielleicht doch mit ihr gemeinsam ein spannungsreiches Duo hinkriegt. Am Schluss mussten alle eine Tarotkarte ziehen. Auf Schönebergers Karte war eine Gestalt mit eiserner Fußfessel zu sehen, woraufhin die Moderatorin laut aufschrie. Die Astrologin beruhigte sie. Die Gestalt sei ein Symbol der Befreiung. Meyer-Burckhardt dazu: „Ich bin die Eisenkugel.“

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