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Nina Hagen

© ddp

Fernsehen: Der G-Punkt im Talk-Studio

Erst Eva Herman, jetzt Nina Hagen und ihr „Alien-Geschöpf“ Joachim Bublath: Der Abgang aus TV-Talks hat Konjunktur. Doch die provozierten TV-Skandälchen von heute können ihren Vorläufern kaum das Wasser reichen.

Werbewirksam ist er, der TV-Skandal. Doch was dem Fernsehpublikum heute als Eklat verkauft wird, kann Talkshow-Kennern der ersten Stunde nur ein müdes Lächeln abringen. Die frühere NDR-Moderatorin Eva Herman wird von Johannes B. Kerner aus dem Studio verwiesen? Na und. Knoff-Hoff-Legende Joachim Bublath mag nicht mit Nina Hagen? So what? Ein richtiger Talk-Schocker sieht anders aus.

Es ist schon eine ganze Weile her, da hat Nina Hagen selbst einen der bemerkenswertesten TV-Skandale verursacht. 1979 war es, als die damals noch jugendliche Punk-Rockerin, zu Gast im ORF-Talk "Club 2", Anschauungsunterricht in Sachen Masturbation gab. Thema der Sendung war „Was ist los mit der Jugendkultur?“. Hagen räkelte sich auf dem Ledersofa und versuchte, dem Publikum an den Fernsehschirmen beizubringen, wo denn nun der G-Punkt zu finden sei. Der ORF war nicht amüsiert: Moderator Dieter Seefranz wurde für ein halbes Jahr abgezogen, die Sendung lange Zeit ausgesetzt.

Die Axt im Studio

Acht Jahre zuvor hatte Nickel Pallat, Manager der "Ton, Steine, Scherben", in einer WDR-Talkshow ein schlagkräftiges Argument, warum man sich gegen Unterdrücker zu stellen habe. Er hatte ein Beil in die Sendung geschmuggelt, dass er unvermittelt hervor holte, um damit auf den Diskussionstisch einzudreschen. Schließlich sammelte er noch die Mikrofone ein und verkündete dem eingeschüchterten Studiopublikum: "So, jetzt können wir weiter diskutieren."

Ja, was im vergangenen Jahrhundert in Talkshows abging – daran können die Weichspül-TV-Produzenten von heute nur mit Wehmut zurückdenken. Ältere Semester erinnern sich noch wie Kommune-1-Mann Fritz Teufel Finanzminister Hans Matthöfer mit einer Wasserpistole bespritzte, worauf dieser sein Weinglas auf Teufel entleerte. Die Sendung drehte sich um das Thema „Gutes Benehmen“.

„Sie reden Müll“, sagte Klaus Kinski 1985 in der "NDR-Talkshow" zu Moderatorin Alida Gundelach. Margarethe Schreinemakers – jüngst Beisitzerin des „Herman-Skandals“ – darf 1996 gar nichts sagen. Als sie sich in ihrer Sendung zu dem Verdacht der Steuerhinterziehung äußern will, schaltet Sat1 die Live-Übertragung einfach ab. Schon 1999 flacht das Niveau der Talk-Eklats deutlich ab. RBB-Moderator Cherno Jobatey ist in "Zimmer frei!" bei Götz Alsmann und Christine Westermann zu Gast. In Anspielung auf die frühere Legasthenie des Moderators wird – logisch – „Scrabble“ gespielt. Jobatey verlässt für zehn Minuten beleidigt die Sendung. Das Publikum zeigt ihm am Ende die Rote Karte.

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