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Fernsehen: "Es muss bigger than life sein"

Autor und Produzent Nico Hofmann über einen Grzimek-Film, Lust auf TV-Biografien und den veränderten Helmut Kohl.

Herr Hofmann, wenn ich den Namen Grzimek höre, muss ich zuerst an die Steinlaus-Parodie von Loriot denken. Sie auch?

Klar, aber mich hat bei Grzimek immer schon seine Pionierleistung interessiert. Er war ja nicht nur in seinen Fernsehsendungen präsent, er war der Allererste, der eine ganzheitliche Philosophie hatte, nämlich, zwischen Natur und Umwelt zu vermitteln. Stichwort Artenschutz, der Umgang mit Tieren. Ich will da keinen Afrika-Kitsch. Außerdem war Grzimeks Leben einfach ungeheuer spannend.

Es gab eine Kampagne wegen einer vermeintlichen NSDAP-Mitgliedschaft.

Die nicht standhielt. Grzimek wurde in der Zeit vor 1945 mehrfach durchsucht, weil er versteckte Juden während der NS-Zeit mit Lebensmitteln versorgt haben soll.

Später hat er in zweiter Ehe seine Schwiegertochter geheiratet, die Witwe seines 1959 in Afrika verunglückten Sohnes Michael.

Ja, und jetzt haben wir einen ersten Drehbuchentwurf, der seine ganze Geschichte als Zweiteiler anpackt. Ich würde gerne die 20 Jahre erzählen, von der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Ende seiner Direktorenschaft im Frankfurter Zoo 1974.

Wer könnte denn Grzimek spielen? Ulrich Noethen?

Ulrich Noethen ist ein phantastischer Schauspieler, einer der wenigen, die du in Maske und Spiel über einen Zeitraum von 20 Jahren glaubhaft agieren lassen kannst.

Grzimek ist nicht Ihr einziges Biopic. Wie weit ist der Kohl-Film? Angeblich soll Lambert Hamel den Ex-Kanzler darstellen.

Wir sind jetzt nach zwei Jahren Arbeit und 64 Stunden Interview in den Endzügen mit dem einteiligen Drehbuch, erzählen Helmut Kohl von 1950 bis 1980. Kohl hat sich sehr verändert. Das Casting steht noch vor uns, es werden sicherlich zwei verschiedene Schauspieler spielen.

Kohl, Franz Josef Strauß, Romy Schneider, Karl Valentin, Hilde Knef, Grzimek, alles TV-Biopics in Planung- warum sind Biopics berühmter Leute so in Mode?

Das ist auch eine Besinnung auf deutsche Geschichte durch ausgewiesene Personen, die in ihrer jeweiligen Zeit eine Rolle gespielt haben. Das ist durchaus auch die Suche nach deutschen Helden, der Wunsch nach einem Verständnis für deutsche Geschichte, verkörpert durch prominente Personen, die man bislang noch nicht wirklich in Biopics erzählt hat.

Offenbar gibt es da reichlich Vorrat.

Der Trend läuft ja parallel zu historischen Event-Verfilmungen wie „Dresden“ oder „Die Flucht" schon seit Jahren. Im Herbst stehen die Vorbereitungen für ein ZDF-Biopic über Rudi Dutschke an sowie die Verfilmung des Geiseldramas von Mogadischu, in dem GSG-9-Chef Ulrich Wegener eine zentrale Rolle spielt. In seiner Figur liegt ja auch ein Stück Biopic, ein Stück deutsche Geschichte. Geschichte bei einem solchen Film muss „bigger than life“ sein. Es muss ein Mythos in der Hauptfigur oder in der Geschichte selbst drinstecken. Und, um auf Grzimek zurückzukommen: Der populärste deutsche Zoologe ist eben nicht nur als „Grzimeks Tierleben“ im Bücherschrank präsent oder über die Steinlaus-Parodie von Loriot bekannt. Grzimek hat sehr viel mit der augenblicklichen politischen Bewertung der Themen Natur und Umwelt zu tun.

…Thema Klimawandel….

Ja. Und auch mit der Frage: Wo kommen wir her? Afrika als Wiege der Menschheit. Das mag für uns vielleicht abgedroschen klingen, war es aber nicht zum Zeitpunkt von Grzimeks Wirken: Als Grzimek für den Film „Serengeti darf nicht sterben“ in den 50er-Jahren Afrika entdeckte, waren seine Betrachtungen neu. Für den Serengeti-Film hat er 1960 als erster Deutscher nach dem Zweiten Weltkrieg einen Oscar gewonnen.

Nach Grzimeks Tod 1987 soll es viele Erbstreitigkeiten gegeben haben. Wie sichern Sie sich ab, dass die Nacherzählung eines so berühmten Lebens kein juristisches Nachspiel hat?

Wir setzen uns mit den Erben in Verbindung. Wichtig ist die Frage: Ist es eine Person des öffentlichen Lebens oder nicht? Wie privat zeigst du die Figur? Solange du dich am öffentlichen Leben der Figur entlangbewegst, hast du selten Probleme.

Tiere und Zoo gehen gut im Fernsehen. Können Sie sich an Grzimeks Dauerbrenner „Ein Platz für Tiere“ erinnern?

Na klar. An die unnachahmliche Art seiner Präsentation. Und natürlich auch an die Trickfilm-Parodie von Loriot.

Apropos Streitigkeiten. Man liest, Sie sollen einen Film über das Entführungsopfer Natascha Kampusch planen.

Richtig ist: Ich bin der einzige Produzent, der mit Natascha Kampusch in Wien zwei Stunden zusammensaß und seine Konzeption eines möglichen Films vortragen durfte. Nicht mehr, nicht weniger. Es standen noch keine Verhandlungen an, da sich Natascha Kampusch Ruhe ausgebeten hat, um eine Entscheidung zu treffen. Das kann durchaus Monate oder Jahre dauern.

Das Gespräch führte Markus Ehrenberg

Nico Hofmann, 47, Autor, Regisseur, Produzent. Chef der Filmproduktion Teamworx (u.a.„Dresden“, „Die Sturmflut“, „Der Tunnel“, demnächst ein Biopic über Helmut Kohl ).

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